Dicke Luft an der Marx-Front


Text: Juliane Beer

Im Neuköllner Bezirksverband Die LINKE, dominiert von der Gruppierung Marx21, gab es letzte Woche Aufruhr. Grund: Der Vorsitzende der Linksfraktion in der Neuköllner BVV, Thomas Licher, beklagte in einem Brief (liegt uns vor) die einseitige Ausrichtung des Bezirksverbandes. Er mahnte beispielsweise an, dass es in Neukölln neben MuslimInnen auch andere marginalisierte Gruppen gäbe, z.B. Sinti und Roma, auf die die LINKE ihr Augenmerk legen müsste.

Ob man MuslimInnen in Neukölln als marginalisierte Gruppe bezeichnen kann ist eine diskussionswürdige Frage, die aber offenbar im linken Bezirksverband noch nie erörtert und auch nicht von Licher angestoßen wurde.
Klar ist natürlich: MuslimInnen sind von Diskriminierung betroffen, so auch in Neukölln. Klar ist aber auch: Männer aus arabischen und muslimisch geprägten Ländern sind ebenso Täter, wie in Neukölln beispielsweise von »Ehrlos statt wehrlos – Bündnis gegen Neuköllner Unzumutbarkeiten« öffentlich gemacht wird.
https://jungle.world/artikel/2018/41/der-kultur-der-ehre-zaehlt-das-individuum-nicht
Die LINKE Neukölln lehnt eine Zusammenarbeit mit Ehrlos statt Wehrlos  dennoch ab, uns kam zu Ohren, man stufe die Initiative als rassistisch ein.

Ein weiterer Streitpunkt zwischen Licher und dem Bezirksverband war der Umgang mit Clankriminalität. Mitglieder der Gruppierung Marx21 sehen im Benennen und im (versuchten) Vorgehen der Berliner Polizei gegen Clanwirtschaft Rassismus. Licher kann dem nicht zustimmen, verständlich für jede/n, die/der mit auch nur einigermaßen gesundem Menschenverstand ausgestattet ist. 

Am Montag den 24. Juni fand eine Bezirksmitgliederversammlung statt, die aber wohl zwecks Nachbearbeitung der Europawahl bereits eingetaktet war und nicht wegen Licher einberufen wurde.

Zur Causa Licher hieß es: „Wir halten den Austritt aus dem Bezirksverband und die politische Distanzierung von diesem für nicht vereinbar mit der Ausübung des Fraktionsvorsitzes in der BVV.“ Lichers Vorgehensweise wurde kritisiert, die Entscheidung über die Fortsetzung des Fraktionsvorsitzes läge nun bei ihm. Weitere Beschlüsse siehe unten.

Um es kurz und bündig zusammenzufassen: alles bleibt beim Alten. Wer meinte (und wir meinten das auch) Licher würde dafür sorgen, ein wenig Frischluft durch die Berliner Marx21 Hochburg wehen zu lassen, wird (vorläufig?) enttäuscht.

Kommentare