Ich bin der rechte Onkel

 

Martial Arts, Muay Thai, Thai Boxen




Text Juliane Beer


Kurz vor Weihnachten hält man in der Landes- und Zentralbibliothek Berlin ein Seminar zum Thema Rassismus ab, auf dem es unerwünscht ist, über Diskriminierung zu sprechen.

Am 22. Dezember fand im Rahmen des Sonntagsprogramms der Zentral- und Landesbibliothek in Kreuzberg eine Veranstaltung der "Stammtischkämper*innen" statt.

"Die Stammtischkämpfer*innen" ist eine Seminar/Workshop-Reihe des bundesweiten Bündnisses "Aufstehen gegen Rassismus". Geschäftsführerin ist Irmgard Wurdack, zu ihr später mehr. Auf der Bündnis-Seite findet man u.a. Termine kommender Seminare und Informationen, wie man zu einer sogenannten Stammtischkämpferin werden kann. Ziel ist

[...]In den Stammtischkämpfer*innen-Seminaren werden Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt, die uns dabei unterstützen, den rechten und rassistischen Parolen wie beispielsweise denen der AfD und ihrer Anhänger*innen etwas entgegenzusetzen.

Dabei ist klar: Der Stammtisch ist überall: An der Kasse des Bio-Supermarktes, auf dem Spielplatz, in der Bahn oder in der Uni-Lerngruppe. Aber: Wir sind auch überall und wir können durch Widerspruch, deutliches Positionieren und engagierte Diskussionen ein Zeichen setzen, die Stimmung in unserem Umfeld beeinflussen und unentschlossenen Menschen ein Beispiel geben[...]

https://www.aufstehen-gegen-rassismus.de/kampagne/stammtischkaempferinnen/?fbclid=IwY2xjawHY0CZleHRuA2FlbQIxMAABHeZu1V13dgmoQtyYmjg_biPUcWFnJxs63JjDzOLvCcBVlrRfuZgzGa0guw_aem_bFKYZWhQJivUOCQ11sAyKw

Zum Kurzseminar in der Kreuzberger Bibliothek fanden sich ca. 20 Frauen und Männer ein, grösstenteils um die 30 Jahre oder jünger.

Bevor es losging und eventuell um eine verbindliche Atmosphäre zu schaffen wurden die Teilnehmer gebeten, ihre Namen auf einen Klebestreifen zu schreiben und sich an die Brust zu heften.

Es folgten Begrüßung durch die Seminarleiterin, Erläuterung des Zweck der Veranstaltung (siehe oben), eine kurze Vorstellungsrunde, in der jeder seinen Antrieb zu erscheinen erläutern sollte. Fast alle gaben an, in bestimmten Situationen mehr Schlagfertigkeit an den Tag legen zu wollen.

Ein Herr jenseits der 30, meine Begleiterinnen, im Folgenden kurz A. und I. genannt, und ich erklärten, aus Neugier anwesend zu sein.

Es folgte die erste Runde. Beispiele für Rassismus aus dem Erfahrungsschatz der Anwesenden sollten genannt werden.

Eine junge Frau berichtete, während einer Familienfeier wäre es zu Äußerungen gekommen, die sie nicht teilte. Ohne zu fragen, um welche Äußerungen es sich gehandelt hätte, sammelte die Seminarleiterin Lösungsvorschläge, dann die Vor- und Nachteile dieser. Beispielsweise hielten die Teilnehmer das Diskutieren mit den Störenfrieden oder auch das Ignorieren dieser für eine gute Idee, nach den Nachteilen gefragt wurde eingeräumt, dadurch könnte der Familienfrieden gestört werden. Meine Begleiterin I. fragte schließlich, welche Aussagen denn konkret getätigt wurden. Die junge Frau gab an, es seien Äußerungen wie

"Die Ausländer wollen uns alle töten"

gewesen. Was noch? Die junge Frau druckste. Mehr Inhalt war nicht in Erfahrung zu bringen.

Weiter. Eine Teilnehmerin berichte von einem Beispiel in den öffentlichen Verkehrsmitteln. Ein betrunkener alter Mann hätte Fahrgäste wegen deren dunkler Hausfarbe beschimpft. Der Vorschlag, sich mit dem Opfer zusammen einen anderen Platz zu suchen, wurde allgemein als hilfreich bewertet.

Es folgte die nächste Runde. Die Seminarleiterin hatte selbst Beispiele von Rassismus gesammelt, die jetzt mit dem Projektor an die Wand geworfen wurden. Zunächst ging es um ein Mädchen aus islamischer Familie, die nie mit auf Klassenfahrt dürfe und auch nicht am Schwimmunterricht teilnehmen könne. Die vermeintlich rassistische Aussage lautete, dies habe mit dem Islam zu tun. Abgesehen davon, dass der Islam eine Religion und keine Rasse ist, hätte man nun erwartet, dass sich das Mitleid auf das Mädchen konzentrierte und die Diskussion sich um Hilfsangebote für das Mädchen bewegte. Doch lediglich Begleiterin A. äußerte, die Einschränkungen, die das Mädchen hinnehmen müsste, hätten mit dem Islam zu tun. A. löste damit die erste Aufruhr des Seminars aus. Ihr Einwand wurde allgemein als Rassismus gewertet. A. fragte, warum es rassisch sei, empirische Fakten zu benennen und sich mit dem Mädchen zu solidarisieren. Eine ungeordnete Diskussion hob an, innerhalb der meine Begleiterinnen und ich uns auf die Seite des Opfers, nämlich des Mädchen stellten, worauf wir von den übrigen Teilnehmern beschimpft wurden. Wir sollten zum Thema zurückkehren. Dass wir beim Thema waren, nämlich bei einem diskriminierten Mädchen, ließ man nicht gelten. Wir wurden zum Schweigen aufgefordert, die Leiterin, die nervös und überfordert wirkte, schloss sich dem an.

Ein Herr mittleren Alters, der sich jetzt als Bibliotheksleiter zu erkennen gab, ergriff das Wort, monierte, dass er den vorliegenden Fall ebenfalls für ungeeignet als Beispiel für Rassismus hielte und forderte die Runde auf, zur Ruhe zurückzukehren.

Die Seminarleiterin läutete Runde 3 ein.

Die Hälfte der Teilnehmer wurde gebeten, einen Kreis zu bilden, um den sich die andere Hälfte gruppierte. Jeder hatte somit einen Partner vor sich, dem ein rassistischer Vorfall, den die Leiterin auf Zettelchen geduckt hatte, vorgelesen werden sollte. Mein Zettel berichtete von einem Kindergarten, wo es wegen der Kinder aus islamischen Elternhäusern kein Schweinefleisch mehr zum Mittagessen gäbe. Die übrigen Eltern verurteilten dies.

Auch wenn ich nicht begriff, wo sich hier der Rassismus versteckte, las ich meinem Partner den Text vor. Er, um die 30, hatte im Gegensatz zu mir begriffen, worin der Rassismus bestand, nämlich darin, dass die nichtislamischen Eltern den neuen Speiseplan verurteilten. Er fragte mich, wo das Problem wäre, Schweinefleisch vom Speiseplan zu streichen, ich antwortete, es wäre ein Akt von Toleranz und Weltoffenheit, abwechselnd verschiedene Nationalgerichte zu servieren, damit Kinder all diese kennenlernten, zumal die des Landes, in dem sie lebten. Darauf wusste er nichts mehr zu sagen.

Inzwischen hatte sich im Kreis erneut Aufruhr entwickelt. A. hatte darauf hingewiesen, dass die Geschäftsführerin von "Aufstehen gegen Rassismus" Irmagard Wurdack, mit rechten islamischen antisemitischen Kräften kooperiere, beispielsweise mit solchen, die der Muslimbruderschaft angehörten.

Die Seminarleiterin verlor daraufhin endgültig die Nerven, schimpfte und fasste A. an, was diese sich verbat. Einige Teilnehmer schrien, A., I. und ich sollten auf der Stelle die Veranstaltung verlassen. Die Leiterin verkündete, den Wachschutz zu rufen, damit dieser uns aus dem Haus entfernte. Ein Herr älteren Semesters trat auf A. zu, kam ihr bedrohlich nah und brüllte etwas wie er habe jetzt die Nase voll. Der Bibliotheksleiter ging abermals dazwischen, hinderte die Leiterin daran, den Wachschutz zu rufen.

A. verließ daraufhin die Veranstaltung, was sie aufgrund eines anderen Termins von vorne herein vorgehabt hatte. I. und ich wurden aufgefordert, ebenfalls zu gehen. I. und ich gaben an, zu bleiben. Daraufhin verließen 5 Teilnehmer die Veranstaltung, da sie sich mit uns nicht mehr "safe" fühlten. Der Bibliotheksleiter versuchte, die Leute zum Bleiben zu bewegen. Doch die Toleranz war dahin, man sei gar nicht mehr in der Lage zu bleiben, hieß es, selbst wenn man wollte.

Kurze Pause, Raum lüften, durchatmen. I. und ich harrten der Dinge.

Nach der kurzen Erfrischung erkundigte sich die Seminarleiterin nach dem akuten Befinden der Teilnehmer. Es entspann sich eine Diskussion über A.s Redebeiträge. Man war sich einig, dass man diese gar nicht verstanden hätte, aber unerhört und als störend empfand. Ich unternahm den Versuch kurz zu erläutern, worum es A. gegangen wäre, nämlich einerseits um die Rechte von Mädchen und Frauen, anderseits um die fragwürdigen Bündnispartner der Geschäftsführerin. Ich kam über einen Satz nicht hinaus, es wurde gebrüllt, man wolle dies nicht hören. Ich vergewisserte mich: Man habe nicht verstanden, worum es A. gegangen wäre, wollte aber keine Erklärung dazu hören. Das wurde bestätigt. Zudem waren sich die Teilnehmer einig, dass sie die Situation gut gemeistert hätten, nämlich so, wie zuvor gelernt. Die Leiterin, inzwischen nicht mehr in der Lage, dem Ablauf zu folgen, bestätigte das nervös. Mir kam der Verdacht, dass es in dem Seminar also nicht um Hilfe für Opfer von Diskriminierung ginge, auch nicht um Inhalte, sondern darum, den Teilnehmern ein Gefühl des Wohlbefindens zu bescheren. Ich fragte mich, ob es möglich sein könnte, dass das, was sich die offen hedonistische Jugend durch Konsum verschaffte, die Woke-Jugend durch inhaltsleere Wohlfühl-Parolen und Befehle, man möge sie mit den tatsächlichen Problemen verschonen, organisierte.

Der Bibliotheksleiter, der sich inzwischen sichtlich unbehaglich fühlte, stellte jetzt klar, dass A. nicht hätte gehen müssen, weil sie anderer Meinung gewesen sei, sondern wegen "Zünden einer Splitterbombe". Zudem rügte er die Leiterin, die A. angefasst hatte und den Herrn, der die Beherrschung verloren und gebrüllt hatte.

Ich unternahm den letzten Versuch, über Irmgard Wurdack und ihre Verbindungen ins islamistische, antisemitische Milieu aufzuklären, wurde aber erneut von den Teilnehmern niedergebrüllt. Daraufhin wurde die Veranstaltung für beendet erklärt.

Warum der Leiter einer großstädtischen Bibliothek ausgerechnet in Zeiten, da Jüdinnen und Juden sich in einigen Berliner Bezirken nicht mehr gefahrlos zu erkennen geben können und manch ein Mädchen aus islamischem Elternhaus bereits im Kindergarten unter dem Schleier versteckt wird, die Inhalte einer Veranstaltung nicht v o r ihrer Aufführung in Augenschein nimmt blieb offen, auch, ob er überhaupt über Irmgard Wurdack und ihre Umtriebe informiert ist. Wurdack, sogar in Teilen der Linken als "Hisbollah-Irmi" bekannt, ist kein unbeschriebenes Blatt. Auf ihrem öffentlich einzusehenden Facebook-Profil findet sich in der Fotosammlung u.a. eine Abbildung des Rabia-Grußes. Dieser Gruß, vier Finger gereckt, Daumen angewinkelt, ist das Symbol der islamistischen Muslimbrüder. Erdogan hat ihn bereits verwendet. Beispielsweise zeigt ein Foto im Tagesspiegel, wie Erdogans Anhänger mit dem sogenannten Wolfsgruß reagieren, dieser ist das Erkennungszeichen extremistischer türkischer Nationalisten, Grauen Wölfe genannt.

https://www.tagesspiegel.de/politik/was-erdogans-islamistischer-rabia-gruss-bedeutet-5814484.html

Auch ist beispielsweise die Nähe der Organisation Marx21, der Wurdack angehört, zu Islamisten kein Geheimnis, sondern u.a. offen auf der Seite der Hauspostille nachzulesen.

Zitat

"Mit den Islamisten manchmal

Was sollten revolutionäre Sozialisten in dieser Situation tun? Zu keinem Zeitpunkt sollten wir darauf verzichten, die Heuchelei und die konterrevolutionäre Politik der Führung der Muslimbruderschaft anzuprangern. Zugleich sollten wir niemals in unseren Anstrengungen nachlassen, die Jugend und andere in der Bruderschaft, die ernsthaft für die Revolution sind, für das revolutionäre Lager und sogar für sozialistische Politik zu gewinnen, was nach meiner eigenen Beobachtung immer öfter gelingt.

Zitat Ende

https://www.marx21.de/30-05-12-aegypten/

Um in Zeiten, da es als rechts und rassistisch gilt, auf antisemitische Umtriebe und Diskriminierung von Frauen und Mädchen hinzuweisen, nicht zu verzweifeln, hole man sich den Weihnachtswitz aus 2023 zur Hilfe:

In deutschen Tageszeitungen erschienen Beiträge, wie zu Weihnachten mit dem "rechten Onkel" umzugehen sei. Daraufhin startete in Sozial Media eine Umfrage. Neben den Rubriken Widersprechen - Schweigen - Ignorieren gab es zum Ankreuzen zudem den Punkt:

Ich bin der rechte Onkel.


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