Linke Verhältnisse - Teil II





Text: Birgit Gärtner

Brüder und Schwestern im Geiste des Antizionismus


Eigentlich ist Religionskritik die fürnehmste Aufgabe der Linken. Eigentlich. Denn im Hinblick auf den fundamentalen Islam ist die deutsche Linke nicht nur auffallend zurückhaltend, sondern gerade der Teil der Gesellschaft, der sich für besonders progressiv hält, ebnet den reaktionären Islamverbänden, deren Protagonisten und Akteurinnen den Weg in alle Bereiche unserer Gesellschaft und diffamiert jedwede Kritik am Islam und den Verbänden als „rassistisch“, „antimuslimischer Rassismus“ heißt das Zauberwort,  „islamophob“ oder auch schlicht „rechts“.
Das mag überraschen, ist aber aus der Linken selbst, bzw. der Geschichte der Linken in Deutschland zu erklären. An den MuslimInnen soll Deutschland quasi wieder gut gemacht werden. Dabei geht es weniger um die Musliminnen und Muslime, sondern um das eigene Gewissen, das durch die historische Schuld des Hitler-Faschismus schwer belastet ist.
Ein weiterer Grund, warum ausgerechnet der Teil der Gesellschaft, der sich für besonders progressiv hält, nicht gegen die Ausbreitung des islamischen Fundamentalismus, dem damit verbundenen Scharia konformen Lebensstil und den damit einhergehenden Menschenrechtsverletzungen revoltiert, ist, dass sie der abgrundtiefe Hass auf Israel, im Grunde „die Juden“, und platter Anti-Amerikanismus verbindet. Islamische Fundamentalisten wurden und werden als Verbündete im Kampf gegen den Imperialismus gesehen, wie ich in Teil III am Beispiel der Friedensbewegung darstellen werde.
Das – nicht zu Unrecht – kritische Verhältnis der Linken zum Verfassungsschutz trägt auch zu dieser ungewöhnlichen Allianz bei. „Menschenrechtsanwalt“ Hans-Eberhard Schultz erläuterte in der Tageszeitung „Neues Deutschland“ im Januar 2013, dass er es als seine Aufgabe betrachte, salafistische Vereinigungen vor staatlicher Verfolgung zu verwahren. Das „Konstrukt von Verfassungsschutz und anderen Geheimdiensten“, demzufolge Salafismus als geistiger Nährboden für Terrorismus begriffen werde, sei „wissenschaftlich unhaltbar und politisch gefährlich“. Er schrieb:

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Daneben wird das kostenlose Verteilen von Exemplaren des Korans angeprangert, wobei das Sicherheitsrisiko kaum größer sein dürfte als das beim Verteilen von Schriften der Zeugen Jehovas oder anderer Bibelmissionare. Begleitet wird das von reißerisch aufgemachten Fernseh-„Dokumentationen“, in denen sich Eltern darüber sorgen, dass ihre volljährigen Kinder durch „Salafisten-Moscheen“ von ihnen entfremdet werden. Damit wird die Gefahr an die Wand gemalt, dass Jugendliche einer Gehirnwäsche unterzogen, im Nahen Osten zu Dschihadisten ausgebildet und als Terroristen zu uns zurückgeschickt werden.
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Dass Schultz bis heute unbelehrbar ist, wird später noch erwähnt.
Außerdem zeichnet beide, Linke und islamische Fundamentalisten,  die Akzeptanz von Gewalt zur Durchsetzung politischer Interessen aus – und ein problematisches Verhältnis zur vermeintlichen Sexualität von Kindern. In der Linken zumindest in den 1970/1980er Jahren. Ein guter Teil der damaligen Protagonisten dieser angeblichen sexuellen Befreiung sitzen heute in Funktionen, von denen die Akteurinnen des islamischen Fundamentalismus profitieren. Dazu gehört auch „Menschenrechtsanwalt“ Schultz.
Hinzu kommen persönliche Befindlichkeiten wie die eigene Betroffenheit von einem Vermummungsverbot, wenn wie z. B. in Österreich ein Verhüllungsverbot in der Öffentlichkeit erlassen würde. Gerade Linke aus der autonomen Szene identifizieren sich mit den Hijab-Protagonistinnen, stilisieren diese zum Opfer, meinen im Grunde aber sich selbst.

Da stellt sich die Frage: Warum?
Dazu müssen wir uns mit der Geschichte der Linken und der sozialen Bewegungen in Deutschland eingehender beschäftigen. Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Antisemitismus und (latente) Gewaltbereitschaft und deren Akzeptanz sind der rote Faden, der sich durch die Geschichte der Linken und der progressiven Kräfte zieht.
Was 1968 als hoffnungsvoller Aufbruch begann, fiel schon bald über die eigenen Füße. Maxim Biller erläuterte 2014 in der Wochenzeitschrift Zeit in dem Artikel „Antisemiten sind mir egal“, nicht nur das von den 68ern bekämpfte Establishment sei ein Relikt aus dem Hitler-Faschismus, sondern die Akteurinnen und Akteure selbst ebenso:

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Und wie kam der Antisemitismus nach Deutschland zurück, in das Land, das wie kein anderes seine Pogrom-Geschichte durchleuchtet hatte, um für immer aus ihr zu lernen? Er ist, in seiner neuesten, antizionistischen Verpackung, natürlich ein Geschenk der 68er. Die Erklärung dafür ist ganz leicht, wird aber logischerweise verschwiegen. Viele, sehr viele von ihnen hatten als junge Wehrmachtssoldaten, Waffen-SS-Novizen und Hitlerjungen, als Journalisten, Künstler und Akademiker die schönsten, schrecklichsten, prägendsten Jahre ihres Lebens gehabt. Wie sollten sie auf einmal keine Halb- oder Ganznazis mehr sein? Sie kämpften dennoch aufrichtig gegen ihre nationalsozialistische Erziehung, sie wurden Pazifisten, sie forderten von der autoritären Adenauer-CDU mehr Demokratie, sie lasen Eugen Kogon, Hannah Arendt und Primo Levi, und sie wollten, dass nicht nur in ihrem Land, sondern auf der ganzen Welt ab sofort das totale Paradies ausbricht. Doch die Metaphysik von den blut- und geldgierigen jüdischen Intelligenzbestien, die ihnen tausend Jahre lang eingetrichtert wurde und an die ihre Eltern und Verwandten auch ohne Hitlers Einflüsterungen geglaubt hatten, saß zu tief in ihren Herzen und Köpfen. Man musste viele der SDSler, KBWler und älteren Stern-Redakteure bloß einmal betrunken erleben. Je länger der Abend dauerte, desto mehr klangen sie wie die Gäste der Baronesse Batthyány, kurz bevor sie ihre kleine Rechnitzer Schlossparty unterbrachen, um zu ihrer Zerstreuung 180 jüdische Zwangsarbeiter wie Kaninchen zu erschießen.
Was sollten aber die armen 68er und ihre 78er-Apostel mit diesem schönen, hässlichen, metaphysischen Hassgefühl anfangen, wenn sie nüchtern waren? Juden gab es, Eichmann sei Dank, nach dem Krieg kaum noch in Deutschland, und als guter, formvollendeter Antifaschist durfte man ohnehin nicht gegen sie sein. Zum Glück gab es Israel. Es gab den Sechstagekrieg, den alte, aufrechte Nazis und Wehrmachtsoffiziere als Hommage an alle deutschen Blitzkriege seit 1870/71 feierten, was offenbar automatisch bewies, dass alle Israelis ebenfalls Militaristen, Imperialisten und totalitäre Herrenmenschen waren. Und es gab palästinensische Araber, denen es in den Augen der neuesten deutschen Weltenretter wegen Israel mindestens so schlecht ging wie den Vietnamesen und Lateinamerikanern wegen der Yankees, die Papa in der Normandie den Arsch versohlt hatten. Und plötzlich – Überraschung! – hatten also auch die 68er ihren Juden gefunden, Israel, was erst mal keine große Neuigkeit wäre, denn über diesen witzigen Twist der Geschichte sprechen und schreiben Dan Diner, Henryk Broder und andere Linksrenegaten, seit sie mit ihren Genossen Schluss gemacht haben, oder die mit ihnen. Neu und gar nicht langweilig ist eher die Erkenntnis, dass sich die Vereinheitlichungsmaschine Deutschland von der fast sadistisch autoritären 68er-Bewegung nicht nur zu so guten, selbstverständlichen Sachen wie Gleichberechtigung der Frauen, Abschaffung des antihomosexuellen Paragrafen 175, Umweltschutz oder behindertengerechten Straßenbahnen inspirieren ließ, sondern auch zum Antisemitismus-Surrogat "Israelkritik".
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Kinder als Sexualobjekt
Im Zuge der sogenannten „sexuellen Revolution“ trat etwas zu Tage, das sich bis in die 1990er hinziehen würde: Die Diskussion um kindliche Sexualität und entsprechende Experimente mit und an Kindern. Auch das verbindet Linke und islamische Fundamentalisten.
Im 1969 im Suhrkamp-Verlag erschienen „Kursbuch 17“ sind folgende Zeilen zu lesen:

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„Ich liege auf dem Rücken. Grischa [ein zu diesem Zeitpunkt drei bis vierjähriges Mädchen, das in der K 2 lebt, d. A.] streichelt meinen Bauch, wobei sie meine rausstehenden Rippen als Brüste versteht. Ich erkläre ihr, daß das Rippen sind, ich nur eine flache Brust und Brustwarzen habe. Sie streichelt meine und zeigt mir ihre Brustwarzen. Wir unterhalten uns über die Brust von Mädchen, wenn sie älter sind. Dann will sie meinen „Popo" streicheln. Ich muß mich umdrehen. Sie zieht mir die Unterhose runter und streichelt meinen Popo. Als ich mich wieder umdrehe, um den ihren wie gewünscht zu streicheln, konzentriert sich ihr Interesse sofort auf „Penis". Sie streichelt ihn und will ihn „zumachen" (Vorhaut über die Eichel ziehen), bis ich ganz erregt bin und mein Pimmel steif wird. Sie strahlt und streichelt ein paar Minuten lang mit Kommentaren wie „Streicheln! Guck ma Penis! Groß! Ma ssumachen! Mach ma klein!" Dabei kniet sie neben mir, lacht und bewegt vom ganzen Körper nur die Hände. Ich versuche ein paarmal, sie zaghaft auf ihre Vagina anzusprechen, sage, daß ich sie auch gern streicheln würde, wodurch sie sich aber nicht unterbrechen läßt. Dann kommt doch eine „Reaktion": Sie packt meinen Pimmel mit der ganzen Hand, will sich die Strumpfhose runterziehen und sagt: „Ma reinstecken." Ich hatte zuvor sowas erwartet [...], war dann aber doch so gehemmt, daß ich schnell sagte, er sei doch wohl zu groß. Darauf gibt Grischa sofort ihre Idee auf, läßt sich aber die Vagina sehr zurückhaltend streicheln. Dann holt sie einen Spiegel, in dem sie meinen Pimmel und ihre Vagina immer wieder besieht. Nach erneutem Streicheln und Zumach-Versuchen kommt wieder der Wunsch „Reinstecken", diesmal energischer als vorher. Ich: „Versuch´s mal!" Sie hält meinen Pimmel an ihre Vagina und stellt dann resigniert fest: „Zu groß!"
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Die Zeilen, zitiert nach Michael Schmidt-Salomon, stammen von Hans-Eberhard Schultz „Sie“, das ist die Tochter Dieter Kunzelmanns. Dieser war Mitbegründer der „Kommune 2“ und zu dem Zeitpunkt verreist – er ließ sich in Jordanien in einem Camp der Fatah militärisch ausbilden.
Die gewonnen Erkenntnisse wollte er anscheinend in Berlin umsetzen. So schreibt Wikipedia: „Am 9. November 1969, dem Jahrestag der Novemberpogrome von 1938, wurde ein Bombenanschlag auf das Jüdische Gemeindehaus in Berlin verübt, zu dem sich kurz darauf in einem Flugblatt eine linksradikale Gruppe namens ´Schwarze Ratten/Tupamaros West-Berlin` bekannte. Als deren Kopf gilt Kunzelmann. Die Bombe, geliefert von Peter Urbach, einem V-Mann des Verfassungsschutzes, war aufgrund eines technischen Defekts nicht explodiert; es ist unklar, ob dieser Defekt Urbach, aber auch den Bombenlegern selbst bekannt war oder nicht. Zu einer Anklage wegen des Anschlagsversuchs kam es nicht.“
„Sie“ muss aber den Rest ihres Lebens damit leben. Und mit einer Fotostory, die „Sie“, die damals 4jährige, im „Liebesspiel“ zeigt mit einem Gleichaltrigen, dem Sohn eines anderen „Kommune 2“-Mitglieds, der die Kinder dazu angestiftet haben soll.
Heute lebt Hans-Eberhard Schultz, der jahrelang in Bremen praktizierte und u.a. Kurdinnen und Kurden in Strafprozessen verteidigte, in Berlin. Der „Menschenrechtsanwalt“ vertrat Ibrahim Abou-Nagie, um das Verbot der Koranverteil-Aktion „Lies“ zu verhindern. Zudem hat er ein Buch geschrieben, das im Hamburger VSA-Verlag erschienen ist. Dieses Buch trägt den Titel: „Feindbild Islam und institutioneller Rassismus. Menschenrechtsarbeit in Zeiten von Migration und Anti-Terrorismus“.
Als 2017 dem Al-Quds-Marsch in Berlin das Verbot drohte, war es Schultz, der den makabren Aufzug vor Gericht durchboxte.
Kürzlich trat er als Redner auf bei der „13. Konferenz der Palästinenser in Europa“, redete sehr lang, offenbar so lange, dass es selbst den Veranstaltern zu viel wurde, die B.Z. schreibt: „Er redete lange und wurde von der Bühne geführt.“ Laut B.Z. rühmte er sich in seiner Rede damit, erreicht zu haben, „dass ein Palästinenser, der einen Davidstern mit einem Hakenkreuz verbunden habe, freigesprochen wurde, da dies durch die Meinungsfreiheit gedeckt sei. Er sagte, so lange noch ein Palästinenser unterdrückt würde, könne kein Deutscher frei leben.“
Der Protest innerhalb (und außerhalb) der Linken über diese Verbrüderung mit einer Terrororganisation blieb bislang aus.

 


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