Von Gummibrüsten, Stöckelschuhen und Gefühlen




Text Juliane Beer


Transhass unter Frauenrechtlerinnen?



Transmisogynie, ein von dem Schriftsteller, Biologe und Transgendermensch Julia Serano geprägter Begriff, bezeichnet das Zusammenwirken von Frauenfeindlichkeit und Transfeindlichkeit. Serano beabsichtigte, auf die doppelte Diskriminierung hinzuweisen, die einer männlichen Person, die ihre im Mutterleib entstandenen Geschlechtsmerkmale ablehnt, bzw. aufgrund dieser leidet und sich mit Hilfe von als weiblich geltender Kleidung, Kosmetik oder einer Operation Linderung zu verschaffen versucht, entgegen schlägt.

Der Begriff ist irreführend. Eine Frau ist kein Transmensch und ein Transmensch ist keine Frau, auch wenn Transmenschen und immer mehr Frauen aus Queer- und Liberalfeminismus-Kreisen dies insinuieren, bzw. Frauen, die für Frauenrechte (und nicht für Transrechte) kämpfen, Transmisogynie oder Transhass vorwerfen. Der Vorwurf ist schnell entkräftet. Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit wird von Frauenrechtlerinnen abgelehnt, egal ob Menschenfeindlichkeit Frauen trifft, ob sie Transmenschen trifft, ob sie jede andere Gruppe von Menschen trifft. Gewalt gegen oder Hass auf Menschen, die ihr im Mutterleib entstandenes Geschlecht nicht akzeptabel finden, wird somit von Frauenrechtlerinnen nicht befürwortet.


Wie entsteht Transsexualität?

Zunächst: Transsexualität ist nicht zu verwechseln mit Intersexualität, einer genetisch bedingten Abweichung der Geschlechtschromosomen, bzw. Merkmale beider Geschlechter bei der Geburt. Initiativen intersexueller Menschen haben in den letzten Jahrzehnten erfolgreich dafür gekämpft, dass auf Zwangsoperationen, die früher nach der Geburt durchgeführt wurden und bei denen der Operateur mit oder ohne Absprache mit den Eltern das Geschlecht bestimmte, verzichtet wird. Intersexuelle Menschen leben in der Regel mit Merkmalen beider Geschlechter, ohne dass ihnen dieser Umstand psychische Probleme bereitet. Eine häufig geäußerte Aussage lautet: Ich bin so und deshalb ist es richtig/in Ordnung/normal.

Transmenschen hingegen empfinden ihr Geschlecht als falsch, was bereits auf eine Schwierigkeit, Transsexuallität verstehen zu wollen, hinweist. Geschlecht an sich kann nicht falsch oder richtig sein. Geschlecht kann jedoch für eine beurteilende Person subjektiv falsch oder richtig sein, man denke an den Wunsch nach Söhnen in vielen Kulturen, man denke an Länder, wo Operation mit dem Ziel, optisch dem anderen Geschlecht zu ähneln vor (Todes)strafe wegen Homosexualität schützen kann. Transmenschen erachten das eigene Geburtsgeschlecht als falsch, und das, wie bei nicht wenigen Betroffenen der Fall ist, bereits ab der Kindheit, was mit Leidensdruck verbunden ist.

Es liegt nicht in der Absicht von Frauenrechtlerinnen Transmenschen das Gefühl des Leidens absprechen zu wollen, Gefühle sind subjektive Reaktionen auf Ereignisse, Begebenheiten usw, also nicht absprechbar. Man kann versuchen, die Ursache für die Entstehung eines Gefühls zu ändern oder zu beeinflussen, dafür sind Frauenrechtlerinnen aber nicht zuständig, ebenso wenig sind sie dafür zuständig, zu entscheiden, ob Therapien oder Operationen geeignete Mittel sind, Transmenschen Linderung zu verschaffen.

Ob die routinierte Körperverletzung, auch als angleichende Operation bezeichnet (angleichen an was?), mittlerweile ein Geschäftszweig in der Medizin, ein Ende hätte, wenn man aufhören würde, Kinder in Geschlechterrollen zu pressen, stattdessen ihre Entscheidungen bezüglich Kleidung, Spielzeug, Verhalten usw. bedingungslos akzeptieren würde, ist bislang nicht abschließend geklärt. Auffallend ist, dass sogenannte geschlechtsangleichende Operationen immer häufiger bereits im Pubertätsalter vorgenommen werden. Ob es dabei um das Kindeswohl geht oder um ein lukratives Geschäft maße ich mir nicht an zu beurteilen. Was aber nichts daran ändert, dass Geschlecht an sich, nämlich ohne Anwesenheit eines beurteilenden Bewusstseins, nicht falsch oder richtig ist.

Trans-Rechte


Transsexualität kann in seiner ganzen Komplexität hier nicht beschrieben werden, zumal, wie bereits erwähnt, bestimmte Aspekte noch gar nicht erforscht sind. Dennoch haben Transmenschen bereits jetzt in zahlreichen Ländern unter bestimmten Umständen die Möglichkeit, sich operieren zu lassen, um Geschlechtsteile, die ihnen psychische Probleme bereiten, loszuwerden. In Deutschland zahlen das bei entsprechender Indikation die Krankenkassen. Die Entscheidung, diese Möglichkeit in Anspruch zu nehmen, muss selbstverständlich jeder Transmensch selbst treffen, ggf. gemeinsam mit den Erziehungsberechtigten.


Frauenkämpfe



Die Motivation für Frauenrecht weltweit zu kämpfen rührt nicht daher, dass Frauenrechtlerinnenn ihr eigenes Geschlecht als falsch ansehen, vielmehr geht es ihnen darum, nicht mehr von Männern (und mit Männern kollaborierenden Frauen) als falsch kategorisiert zu werden, sobald sie sich nicht an genau definierte Gesetze, wie eine Frau zu sein und auszusehen hat, halten. Somit kämpfen emanzipierte Frauen darum, in ihrer Unterschiedlichkeit, sei es körperliches Erscheinungsbild, sei es Verhalten, sei es sexuelle Vorlieben akzeptiert zu werden, und nicht darum, ihre Körper mittels Körperverletzung bestimmten Rollenbildern anpassen zu dürfen.


Queerfeminismus

Der sogenannte Queerfeminismus ist eine während der 1990er Jahre in den USA entstandene Bewegung, die sich u.a. mit Fragen zum biologischen Geschlecht in Bezug auf das sogenannte soziale Geschlecht befasst.
Um es zusammenzufassen: diesbezügliche Untersuchungen hätten problemlos zu dem Schluss führen könne, dass es zwei Geschlechter (plus Intersexualität) gibt, die jeweils sowohl die Möglichkeit als auch das Recht haben, sich in jeder Weise zu präsentieren, zu verhalten, zu kleiden, zu lieben, usw., ohne dabei aufzuhören, Frauen oder Männer zu sein.
Das tatsächliche Ergebnis querfeministischer Betrachtungen ist allerdings ernüchternd: um sich verhalten zu dürfen, soll sich insbesondere das Geschlecht Frau zunächst wegdefinieren, um sich dann, immer passend zum jeweiligen Verhalten, neu definieren zu müssen, wobei gerade die Definition Frau bei Queerfeministinnen auf Unmut stößt. Wenn man schon unbedingt Frau sein muss wird mindestens die Bezeichnung „Mensch mit Gebärmutter“ gefordert, in orthodox queer-religiösen Kreisen ist aber auch das nicht zulässig, denn es muss vermieden werden, dass Menschen, die ohne Gebärmutter geboren wurden ( Männer) das Gefühl entwickeln, unterprivilegiert zu sein. Dass Männer (die ohne Gebärmutter zur Welt kamen), kaum Probleme damit haben, wenn Frauen sich durch männliches Sprechen und Bezeichnen und Bewerten unterprivilegiert fühlen, spielt im Queerfeminismus keine Rolle. Das Wohl des Mannes scheint dem des Menschen mit Gebärmutter also übergeordnet zu sein. So erklärt es sich auch, dass im Queerfeminismus Männer, die ihr im Mutterleib entstandenes Geschlecht nicht akzeptieren, willkommene Bündnispartner im Kampf gegen verschiedene Zumutungen dieser Welt sind, wenn sie dies wünschen. Weil sie „die Bewegung vielfältig machen“.
Dass Frauen in ihrer Erscheinung überaus vielfältig sind, und eben genau dies in keiner Gesellschaft anerkannt bzw. nicht ausreichend anerkannt wird, spielt im Queerfeminismus ebenfalls keine Rolle, weil Frauen keine Rolle spielen. Es ist das uralte Muster männlicher Herrschaft und weiblicher Komplizenschaft: für Männer hat Frau keine Begrenzung zu installieren, im Zweifelsfall hat Frau das Feld zu räumen. Eigentlich überflüssig zu erwähnen, dass körperverletzte oder geschminkte Männer bei Queerfeministinnen als einzige Gruppe das Recht genießen, sich ungetadelt als Frau bezeichnen zu dürfen. Und das, obwohl sie als Mensch ohne Gebärmutter in queerfeministischer Logik eigentlich ausreichend beschrieben wären.

An dieser Stelle sei darauf hingewiesen dass, anders als gern kolportiert wird, Frauenrechtlerinnen nicht gegen Männer kämpfen, sondern für weibliche Gleichberechtigung, Selbstbestimmung und gegen Bevormundung, Reglementierung, Unterdrückung und Gewalt durch Männer. Dass dieser Kampf das (Tot)Schlagwort Männerhasserin hervorgebracht hat ist so bezeichnend wie entlarvend.

Dass Männergewalt gegen Frauen verschwindet, wenn man Frauen zum Verschwinden bringt, dürfte ein interessanter Aspekt bei vielen InteressenvertreterInnen sein. Gibt es keine Gewalt gegen Frauen mehr, können kostenintensive Frauenhäuser geschlossen und Gewaltpräventionen eingestellt werden, denn Gewalt gegen Frauen heißt dann Gewalt gegen Menschen, und wenn Frauen dennoch auf den Zusatz „mit Gebärmutter“ pochen ( und damit Männer ausgrenzen) ist das ihr eigenes (Luxus)Problem.

Männer in Fraueninitiativen


Männer, die ihr im Mutterleib entstandenes Geschlecht nicht akzeptieren, haben sich, unter Protektion von Queerfeministinnen, innerhalb der letzten Jahre zu den neuen Frauen gemausert. In Fraueninitiativen und Gruppen streben sie danach, den Ton anzugeben und dürfen dies auch, was nicht verwundern kann, denn Jungen, auch oder gerade wenn sie Verhalten zeigen, das als jungen-untypisch gilt, wird immer noch beigebracht, dass es erstrebenswert ist, sich durchzusetzen. Mädchen hingegen lernen auch heute noch, wenn inzwischen auch als Fähigkeit zu sozialem Verhalten getarnt, dass es ihre Attraktivität erhöht, wenn sie Männern den Vortritt lassen. So bejubeln Queerfeministinnen heutzutage keine dauer-dozierenden (alten weißen) Männer mehr, sondern feiern es als zeitgemäße soziale Errungenschaft, wenn die Medien am Frauentag körperverletzte Männer vor Kamera und Mikrophon holen, um diese für Frauen sprechen zu lassen. Frauenrechtlerinnen, die seit Jahrzehnten u.a. dafür gekämpft haben, öffentlich sprechen zu dürfen, fühlen sich ob solcher Grotesken in ein postmodernes Mittelalter versetzt.

Und selbst vor dem Lokus macht männlicher Partizipationswille keinen Halt mehr. Bei Frauen-Veranstaltungen versuchten in der Vergangenheit immer wieder Männer, sich das Recht, auf der Frauentoiletten ihre Notdurft verrichten zu dürfen, mittels Gewalt zu verschaffen. Dass einige Frauen zumindest auf der Toilette von Männern unbehelligt bleiben möchten, rief bei Querfeministinnen regelmäßig Empörung hervor.

Man stelle sich umgekehrt Frauen vor, die vor einem Männerklo randalieren, bzw. Männer tätig angreifen, weil die ihnen die Benutzung ihrer Pinkelrinnnen untersagen.


Fazit

Männer, die ihre im Mutterleib entstandenen Geschlechtsteile nicht akzeptieren, hätten neben dem Kampf um das Recht als Körperverletzte leben zu dürfen, was, um es noch einmal deutlich zu sagen, nicht der Kampf von Frauenrechtlerinnen ist, eine wichtige Aufgabe. Nämlich die, in den mittlerweile wie Pilze aus dem Boden schießenden Männerrechtsgruppen ihren Geschlechtsgenossen zu vermitteln, wie vielfältig Mannsein ist und sowohl im Arbeitsoverall als auch im Minirock und auf Stöckelschuhen oder ohne Penis stattfinden kann und heutzutage auch stattfinden darf. Hier gäbe es Chancen, ein breites Spektrum von Männerbildern zu etablieren. Von körperverletzten Männern wird diese Möglichkeit nicht wahrgenommen, stattdessen sehen sie einmal mehr ihre Berufung darin, für Frauen zu sprechen oder diesen Freiräume streitig zu machen.

Dagegen setzen sich Frauenrechtlerinnen zur Wehr. Wenn dies als „Transhass“ bezeichnet wird müssen wir wohl noch einmal ganz von vorne anfangen in Sachen weibliche Emanzipation.

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