Häusliche Gewalt gegen Frauen: Wir müssen reden!

 


 Text: Birgit Gärtner

Kleines Zahlenspiel anlässlich des heutigen „Internationalen Tags gegen Gewalt gegen Frauen

 Seit 2015 wird jedes Jahr zum 25. November die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) „Partnerschaftsgewalt“ veröffentlich. Die fasst extrahiert aus der Kriminalstatistik für das Vorjahr, also in diesem Jahr 2019, Gewaltdelikte zusammen, bei denen Opfer und Tatverdächtige in einer Beziehung standen und unter einem Dach leben oder lebten: Ehepaare, eingetragene Partnerschaften, unverheiratet zusammenlebende Paare, getrennte Paare. Gewalt zwischen Paaren ohne gemeinsamen Wohnsitz wird nicht in dieser Statistik erfasst.

Dürftiges Zahlenmaterial

Leider ist die Statistik sehr ungenau, denn sie sagt nichts über die reale Zahl der Opfer aus, sondern über „Opferwerdung“. Das bedeutet, wer bei den erfassten Delikten im Rahmen einer bestehenden oder ehemaligen Partnerschaft mit gemeinsamem Wohnsitz mehrfach Opfer wird, taucht auch mehrfach als Opfer in der Statistik auf.

Täterinnen und Täter gelten als unschuldig, bis ein Gericht das Gegenteil bewies und sie rechtskräftig verurteilt wurden. Das nennt sich Unschuldsvermutung. Folglich werden Täterinnen und Täter als Tatverdächtige in der Statistik registriert. Tatsächlich müssen Tatverdächtig und Täterinnen oder Täter auch nicht immer übereinstimmen. Die Zahl der Tatverdächtigen sagt also nicht aus über deren tatsächliche Täterschaft, geschweige denn über Ermittlungsverfahren, eventuelle Anklage und Verurteilung.

Im Gegensatz zu den Opfern, die bei jeder einzelnen zur Anzeige gebrachten Tat gezählt werden, tauchen Tatverdächtige nur ein Mal auf in der Statistik. Auch dann, wenn  Tatverdächtige im Berichtszeitraum in verschiedenen Partnerschaften mit gemeinsamem Wohnsitz als mutmaßliche Gewalttäterin oder Gewalttäter auftaucht.

Verstanden? Genau: Eigentlich sagt die Statistik nicht viel aus. Nur, dass Frauen häufiger Opfer häuslicher Gewalt werden als Männer und das Verhältnis bei den Tatverdächtigen umgekehrt ist. Zudem bietet sie uns die Information, dass etwa ein Drittel, sowohl der Opfer als auch der Tatverdächtigen, Nicht-Deutsche sind. Diese machen etwa 12,1% der Gesamtbevölkerung aus (Stand Juni 2020), davon 53% Männer und 47% Frauen. Der Anteil der nicht-deutschen Frauen an der Gesamtgesellschaft beträgt 5,75%, sie schlagen bei den "Straftaten gegen das Leben" (versucht und vollendet) in der Gesamt-Kriminalstatistik für 2019 (nicht die PKS „Partnerschaftsgewalt“) mit 2,5% der Tatverdächtigen zu Buche.

Zu den nicht-deutschen Tatverdächtigen zählen u.a. auch Touristinnen und Touristen, Angehörige ausländischer Streitkräfte, Botschaftsangehörige, Saisonarbeitskräfte, Obdachlose, etc., so dass diese Zahl auch wieder ungenau ist.

Tote sind nur einmal gestorben

In einem Punkt aber ist die Statistik aussagekräftig: Bei den vollendeten Straftaten gegen das Leben: Mord, Totschlag und Körperverletzung mit Todesfolge. Denn tote Menschen können nur einmal gezählt werden, Frau stirbt eben nicht zwei Mal, Mann auch nicht.

Also ist dieser Delikt-Bereich der einzige, der sich tatsächlich auswerten und in Beziehung zur Gesamt-Kriminalstatistik setzen lässt.

Laut PKS „Partnerschaftsgewalt“ (Berichtszeitraum 2019) wurden 394 Personen in diesem Rahmen Opfer von Mord und Totschlag (versucht und vollendet). Davon 112 Nicht-Deutsche (28,5%). In jeweils 15 Fällen wird das Herkunftsland der Opfer mit Polen und Syrien angegeben, 13 Mal Afghanistan, 9 Mal Türkei. Also alle zutiefst patriarchale, stark religiös determinierte Gesellschaften. Inwiefern das  eine Rolle spielt in Hinsicht auf häusliche Gewalt, untersucht leider niemand.

Allerdings schlagen Türkinnen und Polinnen offenkundig im wahrsten Sinne des Wortes zurück: Die Zahl der in der Statistik erfassten Delikte im Rahmen der „Partnerschaftsgewalt“ mit männlichen Opfern steigt seit einigen Jahren kontinuierlich, von 2018 auf 2019 um 2%. Mehrheitlich sind auch hier deutsche Tatverdächtige erfasst, aber bei den nicht-deutschen Tatverdächtigen haben die Türkinnen und Polinnen die Nase vorn. Ob bei allen Delikten, also auch Mord und Totschlag, oder nur einigen Bereichen, sagt die Statistik schon wieder nicht aus.

Die ausgewiesenen Opferzahlen sagen ebenfalls nichts über die reale Zahl der Opfer aus, denn möglicherweise werden auf eine Person mehrere Mordanschläge verübt. Die Opfer waren in 301 Fällen weiblich, in 93 Fällen männlich. Das bedeutet im Umkehrschluss nicht, dass die Tatverdächtigen in allen dieser Fälle gegengeschlechtlich waren, also 93 Frauen und 301 Männer, denn es werden auch gleichgeschlechtliche Paare erfasst, aber in der Statistik nicht kategorisiert.

Von diesen insgesamt 394 Opfern von Mord und Totschlag überlebten 140 Menschen nicht, 111 Frauen und 29 Männer.

Von diesen Hinzu kommen 9 Opfer von Körperverletzung mit Todesfolge, 6 Frauen und 3 Männer. Insgesamt also 117 Frauen und 32 Männer, die die gegen sie verübte Gewalt nicht überlebten. Daran gibt es nichts zu rütteln und diese Zahl lässt auch keinen Interpretationsspielraum zu.

Mord und Totschlag insgesamt

2019 wurden insgesamt 2.713 Personen Opfer von Mord und Totschlag (versucht und vollendet), davon 777 Frauen und 1936 Männer. Das bedeutet, fast 40% der Frauen, die Opfer von Straftaten gegen das Leben (versucht und vollendet) wurden, wurden es im Rahmen einer Partnerschaft, 6,66% der Männer.

Mit anderen Worten: Eine Partnerschaft kann zum Lebensrisiko werden für eine Frau, insbesondere für nicht-deutsche Frauen, die als Tatverdächtige bei Mord und Totschlag kaum in Erscheinung treten, sehr wohl aber als Opfer vollendeter Straftaten gegen das Leben. Auch diese konkrete Zahl weist die Statistik nicht aus.

Zu den Opfern vollendeten Mords und Totschlags weist die Gesamt-Statistik für 2019 78 Opfer von Körperverletzung mit Todesfolge, davon 22 Frauen und 56 Männer. Wie bereits erwähnt im Rahmen von Partnerschaftsgewalt wurden 6 Frauen und 3 Männer Opfer von Körperverletzung mit Todesfolge.

Bei jeder 3. Straftat gegen das Leben (versucht und vollendet) ist laut Gesamt-PKS (Berichtszeitraum 2019) der Tatverdächtige männlich und nicht-deutsch. Bei jeder 4. Straftat gegen das Leben (versucht und vollendet) gilt demnach ein nicht-deutscher Mann zwischen 18 und 40 Jahren als tatverdächtig. Nicht-deutsche Männer machen 6,4% der Gesamtbevölkerung aus. Sie sind also die aggressivste Gruppe unter der Bevölkerung, die überdurchschnittlich häufig bei schweren Gewalttaten als Tatverdächtige in Erscheinung treten. Allerdings muss dabei bedacht werden, dass in diese Kategorie auch Touristen, Angehörige ausländischer Streitkräfte, Botschaften, Saisonarbeitskräfte, Obdachlose, etc. fallen.

Der Anteil der nicht-deutschen Opfer in der Gesamt-PKS (Berichtszeitraum 2019) bei den vollendeten Delikten Mord, Totschlag, fahrlässige Tötung und Körperverletzung mit Todesfolge liegt bei 21,3%. Das ist ein bißchen Äpfel und Birnen verglichen, weil es wesentlich mehr versuchte als vollendete dieser Delikte gibt. Aber es zeigt ein deutliches Missverhältnis. 

Es handelt sich um ein grundsätzliches Missverhältnis, über das niemand reden will. Ein Missverhältnis, das ganz real Menschenleben kostet – und zwar unabhängig davon, ob die Opfer deutsch oder nicht-deutsch sind.

Drastischer ausgedrückt: 12,1% der Bevölkerung stellen jeden fünften Ermordeten und 6,4% jeden 3. Mordverdächtigen. Frauen treten dabei als Täterin kaum in Erscheinung, sie sind der Gewalt schutzlos ausgeliefert.Wir müssen endlich anfangen, die Opfer zu schützen statt der Täter.

Unter anderem deshalb, weil junge ausländische Männer als sakrosankt gelten, über deren Gewaltpotential niemand reden will. Wer es dennoch tut, wird als „rassistisch“ verunglimpft.

Die lapidare Feststellung, dass Frauen in Partnerschaften von Gewalt bedroht sind, und zwar stärker als Männer, hilft uns aber nicht weiter. Geschweigen denn den (potentiellen) Opfern.

Wenn wir Frauen – und natürlich auch Männer – vor Gewalt schützen wollen, dann brauchen wir jede Information über die Tatverdächtigen, die wir bekommen können. Von der Beziehung zum Opfer über die Staatsangehörigkeit, Religionszugehörigkeit, soziales Umfeld, Familie, bis hin zur Farbe des Schnürsenkels. Nur wenn diese Informationen ausgewertet werden, können effektive Schutzmaßnahmen eingeleitet werden.

Um Missverständnissen vorzubeugen: Gewalt – auch in der Partnerschaft – ist kein nicht-deutsches Problem im Deutschland. Dass junge, nicht-deutsche Männer die aggressivste Bevölkerungsgruppe ausmachen, bedeutet nicht, dass die anderen Engel wären. Gewalt in Beziehungen geht auch von deutschen Männern aus – und zunehmend auch von Frauen.

Dass diese zunehmend im wahrsten Sinne des Wortes zurückschlagen, mag auf den ersten Blick lustig klingen, ist es aber nicht. Dabei ist indes zu beachten, dass es bei Frauen mitunter schlicht Notwehr ist. Solange das gerichtlich geklärt ist, tauchen sie dennoch in der PKS als Täterin auf.

Wir brauchen nicht mehr schlagende Frauen, sondern weniger schlagende und vergewaltigende Männer. Die Gewalt (mehrheitlich) deutscher Männer hat sich vom heimischen Schlafzimmer offenbar in die Bordelle und ins Ausland verlagert. Da Prostitution legal ist, tauchen die 800.000 Männer, die laut Sebastian Fiedler, Vorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, jeden Tag Frauen gegen Geld vergewaltigen, in keiner Kriminalitätsstatistik auf. Sextourismus wird so gut wie nie geahndet. Aber das ist ein anderes Thema, dem wir uns demnächst ausführlicher widmen werden.

Quelle: PKS „Partnerschaftsgewalt“ (Berichtszeitraum 2019) sowie verschiedene Kriminalstatistiken des Bundeskriminalamts (BKA), die nur alsExcel-Tabelle vorliegen.

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