Das Scharia-Kartell gab sich ein Stelldichein

 


Text: Birgit Gärtner

Der gelungene Marsch durch die Institutionen

Eine kürzlich abgehaltene Online-Konferenz der „Muslimischen Jugend Deutschlands“ (MJD) zeigt, wie gut vernetzt die von der Muslimbruderschaft nahe stehenden Aktivisten gegründete Jugendorganisation ist.

Auf Einladung der „Muslimischen Jugend Deutschlands“ (MJD), laut Verfassungsschutzbericht 2018 Jugendorganisation der heutigen „Deutschen Muslimischen Gemeinschaft“ (DMG), kam kürzlich eine illustre Schar von Referentinnen und Referenten zu einer Online-Konferenz zumindest virtuell zusammen.

Angekündigt auf der Online-Tagung mit hochkarätiger Besetzung waren:

 

 

Iman Attia, Professorin an der Alice Salomon Hochschule Berlin

Jeff Kwasi Klein, Grünen-Politiker in Berlin, Vorstandsmitglied des Migrationsrats Berlin und Leiter des Antidiskiminierungsprojekts EACH ONE von Each One Teach One e.V. (EOTO), das vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ gefördert wird.

Sara Sanhit, Psychologin und Referentin der „Servicestelle für Antidiskriminierung“ beim „Deutschen Roten Kreuz“ (DRK) in Münster, gefördert vom Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen sowie der Integrationsagenturen NRW.

Dalia Grinfeld, stellvertretende Direktorin für Europäische Angelegenheiten bei der „Anti-Defamation League“ (ADL).

Werner Schiffauer, Professor und bis Oktober 2018 Vorstandsvorsitzender im „Rat für Migration“.

Helge Lindh, Mitglied des Deutschen Bundestags (MdB), SPD-Mitglied.

Christine Buchholz, MdB, Mitglied des Parteivorstandes der Partei DIE LINKE.

Merve Yilmaz, Juristin.

Yasmin Nahhass, Studentin in Münster, aktiv bei DIE LINKE.SDS und DIE LINKE Münster sowie Mitglied der religionspolitischen Kommission der Partei DIE LINKE, als Moderatorin.

Iman Attia und Werner Schiffauer werden als Keynote-Speaker, also besonders wichtig, angekündigt, alle übrigen Genannten sollten der Ankündigung zufolge das Polit-Café gestalten. 

 

 

Die illustre Schar deutet schon darauf hin: Die MJD ist gut vernetzt – in der Wissenschaft, mit Vertreterinnen und Vertretern  der Politik sowie Initiativen der Zivilgesellschaft, gerne gefördert aus öffentlichen Töpfen, bis hin zu jüdischen Organisationen.

 Wofür steht die MJD?

Klingt gut: Offen, aufgeschlossen, interkulturell und interreligiös. Ein Traum.

Das Problem: Die MJD wurde laut der „Bundeszentrale für politische Bildung“ (BpB) 1994 als Jugendorganisation der „Islamischen Gemeinschaft in Deutschland“ (IGD) gegründet, die inzwischen in „Deutsche Muslimische Gemeinschaft“ (DMG) umbenannt wurde. Diese gilt der BpB zufolge

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Mit 340 Mitgliedern und deutlich mehr Anhängern … als die wichtigste und zentrale MB-nahe Organisation in Deutschland.

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MB-nah bedeutet, der Muslimbruderschaft nahe stehend. Weiter heißt es bei der BpB:

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Die Leitung übernahm für die ersten 10 Jahre bis 1968 Said Ramadan selbst, doch auch darüber hinaus sollte die IGD fest in der Hand der Muslimbruderschaft bleiben. Von 1984 bis 1987 war Muhammad Mahdi Akif (1928-2017) leitender Imam am IZ München, ein einflussreicher Funktionär der Bewegung, der 2004 bis 2010 gar der siebte oberste Führer der weltweiten MB war. Neben dem bekannten Eintreten für eine sukzessive Einführung der Scharia machte Akif besonders durch seine Leugnung des Holocaust von sich reden und gab dem bekannten Antisemitismus der Bruderschaft eine neue Dimension.

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Laut Bericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) 2019 zielt die DMG

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auf eine langfristige Änderung der Gesellschaft ab. Die MB verfolgt entsprechend ihrer langfristigen Strategie eine Durchdringung der Gesellschaft mit dem Ziel einer perspektivischen Errichtung eines auf der Scharia basierenden gesellschaftlichen und politischen Systems.

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Der Publikation „Islamismus – Entstehung und Erscheinungsformen“ des BfV von 2013 zufolge, zählt die damalige IGD und heutige DMG zum Spektrum des legalistischen Islamisten:

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Damit sind islamistische Organisationen in Deutschland gemeint, die bestrebt sind, auf islamistischer Ideologie basierende Vorstellungen des gesellschaftlichen und individuellen Lebens auf legalem Weg durchzusetzen.

Um ihre Vorstellungen umzusetzen, betreiben Funktionäre und Unterstützer dieser Organisationen Lobbyarbeit. Sie nutzen dabei intensiv die Möglichkeiten des deutschen Rechtsstaates („Gang durch die Instanzen“). Nach innen sollen für die Mitglieder umfassende und dauerhafte Freiräume für ein schariakonformes Leben geschaffen werden. Dadurch können sich jedoch islamistisch geprägte Parallelgesellschaften entwickeln, welche die Integration behindern.

Repräsentanten dieser Organisationen geben sich schließlich nach außen häufig offen, tolerant und dialogbereit. Nach innenversuchen sie jedoch weiterhin, insbesondere junge Muslime von ihren islamistischen Positionen zu überzeugen. Dabei werden auch solche Prinzipien und Werte vermittelt, die nicht mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung vereinbar sind.

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Das gilt für viele Moscheen in Deutschland, extralegale Territorien, in denen Frauen entweder gar nicht erwünscht sind oder separiert werden.

Laut BfV zählten seinerzeit 33.000 Personen zu dem Spektrum der Legalisten; neben der MB nahe stehenden Aktivisten und Protagonistinnen auch solche der „Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş“ (IGMG) sowie des schiitischen „Islamischen Zentrum Hamburg“ (IZH).

Weiter heißt es in der Publikation, die Legalisten

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sind hierhauptsächlich in drei Bereichen aktiv: Einflussnahme auf die Politik, Mitgliedergewinnung und Bildungsarbeit. Legalistische Islamisten sind oftmals in übergeordneten muslimischen Verbänden organisiert. Durch dieses „Sprachrohr“ versuchen sie, bestimmte gesellschaftliche Themen wie die staatliche Imamausbildung oder den islamischen Religionsunterricht zu beeinflussen. Zudem versuchen legalistische Islamisten, für ihre jeweilige Organisation neue Mitglieder zu gewinnen. Ziel ist es, dadurch die eigene Ideologie zu verbreiten. Zur Mitgliederwerbung unterhalten sie Moschee- und Kulturvereine oder organisieren Vorträge und andere Veranstaltungen. Auch die Jugend- und Bildungsarbeit ist ein wichtiger Bereich, indem legalistische Islamisten aktiv sind. Es werden Koran- und Sommerschulen sowie zielgruppenorientierte Schulungs- und Freizeitaktivitäten in Deutschland organisiert. Die Jugend- und Bildungsarbeit dient vor allem dem Zweck, die eigene Islaminterpretation zu fördern, um damit geeigneten Nachwuchs heranzuziehen.

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Noch 2018 wurde die MJD als Jugendorganisation der IDG (inzwischen DMG)im Verfassungsschutzbericht genannt.  


 

Aufgrund einer Klage der Organisation wird sie seit 2019 nicht mehr erwähnt. Der Bundesjugendring begrüßte das auf seiner Webseite als

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gut und eine schon lange überfällige Korrektur.

Wir haben die MJD immer als demokratischen Verband erlebt. Grund, an der MJD zu zweifeln, hatten wir nicht. Jetzt kann die MJD endlich wieder ihre Gemeinnützigkeit erlangen, die ihr wegen der Erwähnung in den Verfassungsschutzberichten entzogen worden war.

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Wer steht hinter der MJD?

Die MJD wurde 1994 im „Haus des Islam“ (HDI) in Lützelbach gegründet, das seinerseits 1982 von  Muhammad Siddiq (Wolfgang) Borgfeld gegründet wurde. Dieser konvertierte als 18jähriger zum Islam und seine Großmutter musste damals sein Essen separat kochen, damit es nicht unrein wurde, wie er der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) gegenüber erwähnte. "Über Jahre hinweg hat er sich aus religiösen Gründen auch nicht fotografieren lassen", berichtet die Zeitung

Muhammad Siddiq (Wolfgang) Borgfeld ist auch Gründungsmitglied der MJD. 2019 hatte die MJD 900 Mitglieder, verteilt auf ca. 30 Orte in ganz Deutschland. Mitglied kann des Plenarprotokolls des Deutschen Bundestags vom Mittwoch, den 12. November 2003 zufolge jede muslimische Jugendgruppe sowie jeder muslimische Jugendliche zwischen 13 und 30 Jahren werden.

Die Nähe zur Muslimbruderschaft hielt das Bundesfamilienministerium nicht davon ab, die MJD mit Fördergeldern zubedenken. Von 1997-99 war Fereshta Ludin im Vorstand der MJD, die als erste Muslimin einen Rechtsstreit begann, in dem sie durchsetzen wollte, ihren Hijab auch als Lehrerin im Staatsdienst tragen zu können. So verwundert es nicht, dass der Kampf gegen das Berliner Neutralitätsgebot oder gegen ein Verbot von Hijab für Grundschülerinnen ein zentrales Anliegen der Organisation ist.

Die MJD ist Mitglied im 1996 gegründeten Forum of European Muslim Youth and Student Organizations (FEMYSO). Mitbegründer und bis 2002 Vorsitzender der Organisation war Ibrahim el-Zayat, eine der schillerndsten Persönlichkeiten dieses Netzwerks des legalistischen Islamismus.

Auf der Webseite von FEMYSO werden die "Muslimische Jugend Deutschland" (MJD) und die IGMG-Jugend (Islamische Gemeinschaft Millî Görüş) als Mitglieder genannt. Die MJD gehört zu den Gründungsmitgliedern von FEMYSO und vermittelt Stipendien für ein Studium am Institut Européen des Sciences Humaines/Europäisches Institut für Humanwissenschaften (IESH), eine private islamische Hochschule mit Sitz im französischen Château-Chinon, die ebenfalls dem Netzwerk der Muslimbruderschaft zugerechnet wird. Das Belegen u.a. die französischen Journalisten Christian Chesnot und Georges Malbrunot in ihrem Buch „Qatar Papers“. Dort hielt die MJD 2010 ein Meeting ab.

Der Webseite des HDI war zu entnehmen, dass das Haus 1994 "Pate" stand, "als sich die Muslimische Jugend (MJ)" gründete, die Treffen der Organisation wurden z. T. dort abgehalten. MJD-Mitbegründer Muhammad Siddiq (Wolfgang) Borgfeld ist Mitglied im "European Council for Fatwa an Research/Europäische Rat für Fatwa und Forschung" (ECFR). Diese wurde 1997 in London gegründet. Vorsitzender war Yusuf Al-Qaradawi, der als Chefideologe der Muslimbruderschaft gilt. Der EFCR ist Anlaufstelle zur Klärung von theologischen Fragen, die sich aufgrund des Lebens in der nicht-muslimischen Diaspora ergeben, etwa die Vereinbarkeit von Gebetszeiten und Beruf. Vermutlich 2016 wurde der Islamismus-Expertin Sigrid Herrmann-Marschall zufolge der „Fatwa Ausschuss Deutschland“ gegründet, die deutsche Filiale des EFCR.

Das gesamte muslimische „Hinterland“ der MJD bewegt sich also in Strukturen, die als der der Muslimbruderschaft nahe stehend eingestuft werden. Zumindest ideologisch ist diese Nähe auch bei der MJD erkennbar: Eines der wichtigsten Anliegen der Muslimbruderschaft war die Verschleierung von Frauen. Auch die MJD hat sich dem Kampf gegen das Berliner Neutralitätsgesetz verschreiben und wie bereits erwähnt war Fereshta Ludin die erste, die vor deutschen Gerichten für das Recht auf Verschleierung auch im Staatsdienst stritt. Beim „MuMM“ (Muslimisches Mädchen Meeting) und BM (Brüdermeeting) werden die Jugendlichen fein säuberlich nach Geschlecht separiert. 

 

 

Trotzdem wird die MJD gefördert, u.a. vom Bundesfamilienministerium. Trotz des Vorwurfs der MB-Nähe lud der Hessische Landtag die MJD 2015 zu einer Stellungnahme mit Handlungsempfehlungen für die Extremismusprävention ein. Die damalige Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) übernahm die Schirmherrschaft des interreligiösen Projektes „Tea Time“, an dem die MJD beteiligt war.

Scharia-Kartell at work

Die MJD ist also bis in die höchste Spitze der deutschen Politik vernetzt, wird gefördert, ihre vermeintliche Expertise wird abgerufen – ausgerechnet im Kampf gegen Extremismus – und sie kann ungehindert agieren, sogar in Kooperation mit jüdischen Organisationen. Wie kann das sein?

Geschicktes Marketing, würde die Islamismus-Expertin Sigrid Herrmann Marschall sagen. Geschickt ist es Organisationen wie der MJD gelungen, den antirassistischen Diskurs für sich zu nutzen. Dabei spielt der MJD und anderen fundamental-islamischen Organisationen in die Hände, dass die Definition von Rassismus als Diskriminierung aufgrund unveräußerlicher Merkmale durch ein undefinierbares subjektives Empfinden von Benachteiligung aufgrund persönlicher Identität, kultureller, sexueller oder auch religiöser Natur, ersetzt wurde. Als „Diskriminierung“ zählt auch die Kritik am Islam, einer Religion, in deren Namen seit etwa 1.400 Jahren verfolgt, erobert, unterworfen, gefoltert, versklavt, zur Prostitution gezwungen, gemordet und hingerichtet wird. Eine Ideologie, deren Hauptanliegen die vollständige Unterwerfung von Frauen ist, das sich im Zwang zur Verschleierung manifestiert. Wer diese Ideologie kritisiert – oder gar rigoros ablehnt – ist … klar, rassistisch, die Trägerinnen und Träger dieser Ideologie die armen Rassismus-Opfer.

Diskriminiert fühlen können sich alle – bis auf alte weiße Männer und die „Altfeministinnen“, die von den wackeren „Antirassist:innen“ als „altmodisch“, um nicht zu sagen „rassistisch“ markiert werden. „Die Altfeministin wurde dem alten weißen Mann beigesellt“, kommentierte eine fb-Freundin irgendwann trocken. Alle anderen dürfen sich dauerempören, dauerbeleidigt sein, sitzen in einer gefühlten Arche Noah und dürfen mit dem Finger auf sie zeigen, die alten weißen Männer und die Frauenrechtlerinnen. Verbindend ist das Gefühl, aufgrund irgendeiner Identität benachteiligt zu sein, universelle Werte wie Gleichberechtigung, geschweige denn der Kampf dafür, sind nicht nur nicht mehr gefragt, sondern wurden zur Zielscheibe der gemeinsamen Empörung. Um dieser zu huldigen, versammeln sich an vielen Orten zu vielen Terminen Akteurinnen und Akteure aus verschiedenen gesellschaftlichen Schichten, politischen und kulturellen Bereichen. Scharia-Kartell at work: Dieses Stelldichein ist nur ein Beispiel von vielen. 


 

 

 

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