Nemi El-Hassan: Eine persönliche und politische Vita mit vielen Widersprüchen

 


 

Quelle: https://www.instagram.com/p/CPOB4XEn7bl/

Text: Birgit Gärtner

Die aktuelle ZDF- und möglicherweise angehende Quarks-Moderatorin (WDR) offenbart ein fragwürdiges Geschichtsverständnis, das weniger der Wahrheit als politischem Framing zu entsprechen scheint

Nemi El-Hassan hat eigenen Angaben zufolge palästinensische Wurzeln: Die Familie der Mutter ihres Vaters sei 1948 aus Palästina vertrieben worden, so ihre Erzählung u.a. in Beiträgen in sozialen Medien. Auch wenn sie es nicht dezidiert sagt, vor allem aus dem Kontext, in dem sie es sagt, lässt sich zwischen den Zeilen nichts anderes herauslesen oder hören als: Von Israel, bzw. israelischen Soldaten vertrieben. Die Geschichte hat nur einen kleinen Schönheitsfehler: Die Großmutter väterlicherseits stammt ihren Angaben zufolge aus Nablus. Nablus und die Westbank waren aber zwischen 1948 und dem Sechstagekrieg von 1967 zu keinem Zeitpunkt unter israelischer Kontrolle. Auch wurde dort niemand von israelischen Soldaten drangsaliert oder gar vertrieben – sondern dort „agierten ausschließlich jordanische und irakische Truppen“. Das sagt zumindest der Politologe Oren Osterer, einer der führenden deutschen Experten zum Thema „israelische Staatsgründung“.

In einem Interview mit dem SPIEGEL erklärt sie, ihr Vater sei in Israel geboren, jedoch im Libanon aufgewachsen. Diesen Teil der Familiengeschichte führt sie indes nirgendwo näher aus – und die Redakteurin Katrin Elger und ihr Kollege Maik Großekathöfer fragen auch nicht nach. Dabei könnte womöglich genau dieser Teil der Familiengeschichte die Fluchtgeschichte und ihr – vorsichtig formuliert – ablehnendes Verhältnis zum Staat Israel erklären.

Die Frage, die sich stellt: Ging die Familie zunächst von Nablus nach Israel und wurde möglicherweise dort vertrieben und ließ sich schließlich im Südlibanon nieder? Oder wurde der Vater noch in Nablus geboren und sie denkt, dass sei israelisch gewesen? Oder war es ganz anders?

Ihre Teilnahme an dem Al-Quds-Marsch 2014 erklärt sie in einem Medium mit Unwissenheit, in einem anderen damit, dass sie erzkonservative Schiitin gewesen sei. Was stimmt denn nun?

ARD und ZDF wären gut beraten, all diese offenen Fragen zu klären – unabhängig davon, ob der WDR sie als Quarks-Moderatorin bucht oder nicht; schließlich ist sie schon seit geraumer Weile in öffentlich-rechtlichen Medien tätig. 

Erste publizistische Schritte

Neemi El-Hassan wurde 1993, laut Wikipedia am 24. August 1993, in Bad Saarow-Prieskow (Landkreis Oder-Spree, ehemals Fürstenwalde, Brandenburg) geboren. Zu der Ortschaft gehört der Scharmützelsee, der weit über die Grenzen Brandenburgs hinaus bekannt ist. Geboren wurde sie vermutlich als Naame El-Hassan. Diesen Namen benutzt sie heute noch in offiziellen Zusammenhängen und ist auch in einer ihrer Email-Adressen zu finden. Das fand die Islamismuskritikerin Sigrid Herrmann-Marschall heraus. 

Naame oder Nemi El-Hassan machte in Fürstenwalde Abitur. Als Jugendliche beteiligte sie sich an dem Wettbewerb „Zeitensprünge“, ein Projekt, im Rahmen dessen Jugendliche aufgefordert waren, „sich mit historischen Ereignissen aus ihrer direkten Nachbarschaft“ auseinanderzusetzen und „so lokale Geschichte für sich und andere erfahrbar“ zu machen. Der Wettbewerb wurde 2011 vom brandenburgischen Bildungsministerium ausgelobt. „Lokal“ scheint dabei ein weiter Begriff gewesen zu sein, denn Yara Kassem, eine Schülerin mit Migrationshintergrund, kam auf die Idee, die eigene Familien- und Fluchtgeschichte ins Rennen zu schicken. In einem Jugendtreff traf sie auf Naame El-Hassan und die beide reichten einen gemeinsamen Beitrag ein. Aus 200 Beiträgen wurde 31 ausgewählt, darunter auch der von Yara Kassem und Naame El-Hassan. Laut moz.de war

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der Lohn: Ein Starterset mit Diktiergerät und Videokamera sowie knapp 1000 Euro, um die Recherche-Ergebnisse anschließend auch in ansprechender Form präsentieren zu können.

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So wurde der Grundstein gelegt für ihre spätere Karriere als muslimisches IT-Girl, neusprech Poetry-Slammerin, auf Youtube und ihr eine praktische Möglichkeit an die Hand gegeben, ihr Sendungsbewusstsein in die Tat umzusetzen. Dagegen wäre im Prinzip nichts einzuwenden – im Gegenteil – wenn die Botschaft nicht so problematisch wäre, die sie bis heute aussendet.

Tief in der islamistischen Szene verwurzelt

Einem Video zufolge, das sie 2018 beim „Europäischen CIVIS Online Preis“ einreichte, flohen ihre Eltern 1991 aus dem Libanon, kamen nach Deutschland und wurden in einer Flüchtlingsunterkunft im Brandenburgischen untergebracht. Von Palästina ist in dem Beitrag keine Rede.

Deutlicher wird die ZDF-Mitarbeiterin in dem Podcast „Palästina - Eine Heimat, viele Schicksale, der bis heute in der ARD-Mediathek abrufbar ist. Produziert wurde der Beitrag unter der Rubrik „Kanackische Welle“ für das Format FUNK. Das ist ein gemeinsames Projekt von ARD und ZDF, das im März 2016 als Junges Angebot von ARD und ZDF geplant, im September 2016 in FUNK umbenannt wurde und am 1. Oktober 2016 online ging.

Eigenen Angaben zufolge verfügt das Format über ein Jahresbudget von etwa 45 Mio. €, die 2:1 von ARD und ZDF finanziert werden. Also durch die GEZ-Gebühren, letztlich von uns allen. Einfluss auf das Programm haben wir als dessen Finanziers im Grunde nicht, die meisten von uns werden nicht einmal wissen, dass es das gibt, denn die Sendungen werden nicht im Fernsehen ausgestrahlt, sondern sind nur online abrufbar. Dahinter steht die Idee, ein Angebot zu schaffen, das 14-29jährige erreicht. Und die sitzen nun mal nicht vor dem Fernseher, sondern streamen.

FUNK startete am 1. Oktober 2016 mit mehr als 40 Formaten, unterdessen sind es mehr als 70. Einige der ursprünglichen Formate wie beispielsweise Jäger & Sammler, an dem auch Nemi El-Hassan beteiligt war, wurden inzwischen aus dem Programm genommen. Offiziell, weil die Zielgruppe nicht erreicht wurde. Tarik Tesfu, ehemaliger FUNK-Kollege Nemi El-Hassans, hingegen sieht den Grund eher darin, dass soziale Medien zur „Projektionsfläche für fremdenfeindliche, rassistische, homophobe und islamfeindliche Strömungen geworden“ seien. Das erläuterte er in einer Sendung des Bayerischen Rundfunks, die nicht mehr abrufbar ist. 

Jäger & Sammler wurde in Kooperation mit dem ZDF-Magazin Frontal 21 produziert, so überrascht es nicht wirklich, dass Nemi El-Hassan auch für dieses Format arbeitet. Dort wurde sie der Quarks-Redaktion zufolge als engagierte Journalistin entdeckt, studierte Medizinerin noch dazu, und zum Casting eingeladen. Sie setzte sich unter einigen Mitbewerberinnen durch und sollte im November 2021 zum ersten Mal die ARD-Sendung moderieren.

Gute journalistische Arbeit

In dem Jäger & Sammler Beitrag „Neue Rechte Welle“ berichtete die damals noch Hijab tragende Journalistin 2017 über ein Rechtsrock-Konzert im thüringischen Themar, bei dem sich Tausende Neonazis unter dem Motto „Rock gegen Überfremdung“ versammelten. Auch wenn ich den Hijab ablehne, noch dazu in öffentlich-rechtlichen TV-Sendern: Der Mut, den Nemi El-Hassan an den Tag legte, sich in voller Islamistinnen-Kampfmontur unter Tausende Neonazis zu mischen, nötigt mir Respekt ab.

Im Beitrag des ZDF-Magazins Frontal 21 "Nach dem Anschlag in Halle – Perfide Parolen, abstruse Verschwörungen" vom 12. September 2019 analysierte sie laut Sender antisemitische Stereotypen und konfrontierte diejenigen, die sie verbreiten. Da hatte sie den Hijab – zumindest vor der Kamera – inzwischen abgelegt.

Für das FUNK-Format „Der Fall“ berichtete sie in dem Beitrag „Ausgeliefert: Vom Arzt vergewaltigt“ am 7. September 2021 über einen Arzt im Bielefelder Klinikum Bethel, dem vorgeworfen wird, fast 100 Frauen betäubt und vergewaltigt zu haben.

Alle Beiträge sind gut gemacht und inhaltlich nicht zu beanstanden. Im Gegenteil, der Beitrag zu Bethel sticht gerade wegen ihrer im Beitrag offen thematisierten Empathie mit den betroffenen Frauen unter vielen Beiträgen zum Thema „sexualisierte Gewalt gegen Frauen“ hervor.

Kein Wunder, dass sie sich aufgrund ihrer journalistischen Arbeit auch für andere Sender empfahl. Das WDR-Wissenschaftsmagazin „Quarks“ hätte ein weiterer, der Karriere dienlicher, Schritt in der journalistischen Laufbahn sein können – wenn Bild nicht herausgefunden hätte, dass die aktuelle ZDF- und angehende WDR-Moderatorin 2014 an dem Al-Quds-Marsch teilnahm, auf dem u.a. die Vernichtung Israels gefordert wurde. Sie begründete daraufhin die Teilnahme u.a. in einem SPIEGEL-Interview  mit ihren palästinensischen Wurzeln und Unwissenheit über die Hintergründe der Demonstration. Beides kann – und sollte – in Frage gestellt werden. Zu der Szene, in der Nemi El-Hassan sich damals bewegte und die sie zum Fernsehen brachte, hat der Welt-Kollege Lennart Pfahler aufschlussreich recherchiert.

Wer ist Nemi El-Hassan?

Interessant ist aber nicht nur die politische Vita Nemi El-Hassans, sondern auch die Familiengeschichte. Diese erzählt sie ausführlich in der erwähnten Sendung Palästina - Eine Heimat, viele Schicksale“. Demnach ist die Familie

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größtenteils libanesisch, die eine Großmutter aus Nablus. D.h., mein Vater ist halb Palästinenser, halb libanesisch. Grundsätzlich ist meine gesamte Familie beduinisch, Nomadenstamm, ein arabischer. Und ist eher in diesem Stammesstrukturen – sage ich mal – organisiert. Und ich wusste tatsächlich sehr lange nicht, dass meine Oma aus Nablus kommt. In meiner Familie wurde dieses Beduinische, oder grundsätzlich in dem Dorf meiner Eltern im Süden vom Libanon, ist das Beduinische ja sehr präsent. Also, der Dialekt unterscheidet sich, das ist nicht der typisch libanesische. Das Essen, die Bräuche, alles ist wirklich anders. Und es gibt so Codes, quasi sobald man dieses Dorf verlässt, verhält man sich, oder versucht zumindest, sich so zu verhalten, wie der Rest der Libanesen und Libanesinnen. Aber in dem Dorf lebt man eben das Beduinische. Und grundsätzlich wird sehr darauf hinabgeschaut. Also, das gilt so´n bisschen als zurückgeblieben und unzivilisiert, usw., usf.

Und im Libanon ist es grundsätzlich auch immer so, wenn man dann noch palästinensisch ist, sozusagen sind viele Menschen aus Palästina eben irgendwann in den Libanon geflohen. Und es gibt bis heute diese Flüchtlingscamps, die im Grunde genommen schon etablierte Stadtviertel sind. Aber man nennt sie z. B. immer noch Flüchtlingscamps. Sogar palästinensische Menschen, oder mit palästinensischen Wurzeln, dürfen im Libanon keinen Boden, kein Land erwerben. Also, Häuser, die dort gebaut werden, sind eigentlich illegal. Man könnte sie, wenn man wollte, direkt plattmachen. Und dementsprechend ist es überhaupt nicht einfach, in der libanesischen Gesellschaft, palästinensische Wurzeln zu haben. Also, das ist quasi etwas, das in der Hackordnung, sage ich jetzt mal, noch weiter unten steht. Sogar noch unter den Beduinen. Und ich glaube, dass das ein großer Grund war, warum in meiner Familie nie großartig darüber geredet worden ist, dass wir palästinensische Wurzeln haben. Also, das ist etwas, das wirklich erst seit, lass es 5, 6 Jahre sein, dass ich das weiß. Und das war auch ziemlich schockierend für mich, weil ich mich natürlich trotzdem, allein durch die Lage des Dorfes meiner Familie im Süden vom Libanon, also, sobald es irgendwelche Kriege oder Auseinandersetzungen mit Israel gibt, ist es eben doch direkt betroffen.

Meine Mutter ist als Jugendliche angeschossen worden während einer Bodenoffensive, von einem israelischen Soldaten. Also, ich habe mich schon immer viel mit der Region auseinandergesetzt, und mit Palästina und mit Israel. Und dann noch zu erfahren, irgendwie mit Anfang 20, dass ich auch Wurzeln dort habe, das war total schockierend. Und vor allem auch, dass mir das einfach nie gesagt  worden ist, und so spät erst ans Licht kam. Das war schon ziemlich krass.

Ich glaube, das ist ein Gefühl, das wir wahrscheinlich alle teilen: Sobald man sich positioniert in dieser Debatte und sobald man eben für die palästinensische Sache eintritt, also, man wird eben direkt in einer bestimmten Richtung verortet. Teilweise werden irgendwie Kooperationen aufgekündigt. Man hinterlässt tatsächlich gefühlt verbrannten Boden. Und natürlich, man mach sich drei Mal Gedanken, ob man sich äußert. Und wägt jedes Wort wirklich 100fach ab. Aber früher oder später, also, ich bin froh, dass wir es trotzdem getan haben. Jeder von uns und jede auf ihre oder seine Art und Weise.

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In dem Interview gibt sie – ohne es zu wollen – tiefe Einblicke in eine zutiefst rassistische Gesellschaft, offenbart ihre Vorfahren als Opfer von strukturellem Rassismus. Die zutiefst rassistische libanesische Gesellschaft. Leider erfahren die Zuhörerinnen und Zuhörer nicht – weder aus diesem Interview, noch aus ihren sonstigen Publikationen und Einlassungen – ob, und falls ja, welchen Einfluss bei ihren Eltern dieser tiefsitzende Rassismus auf die Entscheidung zur Flucht hatten. Bedient wird nur das Klischee vom Feindbild Israel; und dieses wird auch als ideeller Kitt einer jungen Deutschen mit libanesischen Wurzeln und „den Palästinensern“ offensichtlich.

Weiter erläutert sie in besagtem Podcast:

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Weil, es ist ja die Regel, der Großteil der ursprünglichen palästinensischen Bevölkerung kann hier (gemeint ist Israel, Anm. B.G.) ja nicht sein. Also, 48 sind glaube ich 80, 85% der Bevölkerung geflohen oder sind vertrieben worden und in Flüchtlingscamps im Libanon, Syrien, Gaza, Westbank, in der Diaspora. Der Großteil der Palästinenser kann überhaupt gar nicht in die Heimat. Und deswegen ist, glaube ich, auch Palästina für so viele emotional so krass aufgeladen und so symbolisch. Weil es so unerreichbar ist.

Und um ehrlich zu sein, ich find es auch unsolidarisch (in Israel zu feiern und Fotos davon in sozialen Medien zu posten, Anm. B.G.). Also, ich würde never (lacht), ich muss jetzt an dieser Stelle sagen, ich würde never einen Surfkurs in Tel Aviv machen. Ich würde dann dafür, weiß ich nicht, an die Algarve in Portugal fahren und dann halt dort surfen lernen. Das steht auch noch auf meiner Bucketlist. Aber, also, ich würds jetzt niemandem persönlich zum Vorwurf machen. …

Es ist einfach, ich finde, es ist eine sehr, also, es gibt, ja, ich find, es gibt einfach, es ist ein Ort, der einfach so aufgeladen ist. Und der mit so viel Traumata auch in meiner direkten Umgebung verbunden ist, dass ich es an diesem Ort nicht angemessen finden würde, dann dort einfach diesen Tel-Aviv-Bubble-Lifestyle, easypeasy, Sonne, Strand, Meer mitzuleben. Und ich muss auch sagen, dass ich häufig Freundinnen und Freunde hatte, in meiner Laufbahn, in der Uni oder auch schon, oder danach, die eben Tel Aviv so behandelt haben wie ein ganz normales Urlaubsziel. Die natürlich jetzt auch nicht den geographischen Bezug dazu hatten. Die einfach irgendwelche, also, auch nur deutsch sind, sage ich mal, da dann hingefahren sind. Und die dann zurückgekehrt sind und mir dann erzählt haben, wie toll das war. Wie cool und relaxed. Das israelische essen, der Hummus usw., usf. Und dabei gar nicht gemerkt haben, was sie da eigentlich erzählen. Was sie da eigentlich tun. Also, so, es fängt schon dabei an, irgendwie Hummus und Falafel als israelische Küche zu beschreiben. Jemandem gegenüber, dessen Familie sozusagen aus diesem Land vertrieben worden ist.

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Wen auch immer sie damit meinen mag, denn sie selbst kann das ja nicht sein, denn – wir erinnern uns – ihre Familie lebte „das Beduinische“, inkl. Essen, Sprache und Bräuchen.

Nemi El-Hassan weiter:

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Und das geht dann weiter darüber hinaus, dass man diese Lebensrealität von so vielen Menschen vor Ort einfach komplett negiert und so tut, als wäre das einfach nur ein ganz normales Urlaubsziel. Was es de facto nicht ist. Es tut mir einfach leid, aber das ist es nicht.  Weil, wenn wir über Völkerrechtsverstöße sprechen, die dort irgendwie tagtäglich stattfinden, über Bodenoffensiven, über, also, Unrecht noch und nöcher. Wie, das ist, ich verstehe das einfach nicht. Ich verstehe nicht, wie man dann als sozusagen gebildeter Menschen diese Realität derart verdrängen kann und auch diese Menschlichkeit dahinter nicht sieht.

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Obwohl sie in dem SPIEGEL-Interview sagt:

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... mein Vater ist in Israel geboren, aber beide Eltern sind im Libanon aufgewachsen. Sie sind 1991 nach Deutschland gekommen,

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thematisiert sie diesen Teil der Familiengeschichte nicht. Dabei wäre doch genau das interessant in dem Zusammenhang und würde eventuell ihre Identifikation als Nachfahrin palästinensischer Vertriebener und ihr – vorsichtig formuliert – ablehnendes Verhältnis zum Staat Israel erklären. 

Die Großmutter von israelischen Soldaten vertrieben?

Bis zur Staatsgründung Israels am 14. Mai 1948 stand das Gebiet, das gemeint ist, wenn heute von „Palästina“ gesprochen wird, unter britischem Mandat. Die Region blickt auf eine lange, wechsel- und auch leidvolle Geschichte zurück. Der Name „Palästina“ geht auf das Altertum zurück und taucht zunächst in hebräischen Schriften als „Peleschet“ auf. Im 8. Jahrhundert vor Christus in assyrischen Schriften als „Palastu“. Im 5. Jahrhundert vor Christus verwendete der griechische Historiker Herodot den Begriff „Syria palaistinē“. Salome, Schwester von Kaiser Augustus, machte daraus eine jüdische Küstenprovinz. Im Jahre 636 nach Christus gelangte die Region in den islamischen Herrschaftsbereich, der Name Palästina verschwand bis nach dem Ersten Weltkrieg; allerdings sprachen auch die christlichen Kreuzfahrer von Palästina. Von 1516 bis 1918 war die Region Teil des Osmanischen Reiches, danach wie erwähnt als „Palästina“ britisches Mandatsgebiet.

Am Ende des Unabhängigkeitskriegs 1947-49, oder auch Palästinakrieg, war die ganze Westbank, also auch Nablus, besetzt von Jordanien, so der Historiker, Politologe und Medienwissenschaftler Oren Osterer. Dabei sei das Gebiet nicht nur besetzt, sondern annektiert worden. Das wurde indes nur von Großbritannien und Pakistan anerkannt. Ägypten, das am Ende des Krieges den Gazastreifen besetzt hielt, habe den Gazastreifen nie annektiert. Aber für Jordanien sei die Westbank bis 1988 eigenes Staatsterritorium gewesen. D.h., bis 1988 sei dieser territoriale Anspruch seitens der  Jordanier aufrechterhalten worden, so Oren Osterer.

Wie der Nahost-Experte betonte, kam es in der Region zu schweren gewalttätigen Auseinandersetzungen, nachdem die „Arabische Legion“ am 15./16. Mai 1948 binnen 36 Stunden die Westbank eroberte und einen irakischen Statthalter einsetzte. Das hatte den Hintergrund, dass der jordanische und der irakische König Brüder waren. Daraufhin gab es einen Aufstand, den die irakische Armee blutig niederschlug.

Die Bevölkerung in der Westbank bestand seinen Angaben zufolge zum großen Teil aus Beduinen und Fellachen, wie die Landbevölkerung im Vorderen Orient genannt wurde.  Die meisten davon werden sich seiner  Einschätzung nach heute als Palästinenser verstehen. Wie Oren Osterer erläutert, bezeichnete der

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Begriff „Palästinenser“ historisch alle im Mandatsgebiet lebenden Menschen, Juden, Muslime, Christen etc. Nach der israelischen Unabhängigkeit war allgemeingültig die Bezeichnung „Araber aus Palästina“, so auch in arabischer Lektüre. Der Begriff wurde 1964 durch die Gründung der PLO (auf Betreiben Ägyptens) neu aufgeladen und mit unserem heutigen Verständnis kreiert. Die UN, die BRD und die DDR fingen erst ab Mitte der 1970er Jahre an, den Begriff im heutigen Verständnis zu verwende. Bis Jassir Arafat  1969 Vorsitzender der PLO wurde, war diese ein Instrument Ägyptens mit einer klaren panarabischen Agenda. Die erste Überarbeitung der PLO-Charta im Jahre 1968 verdeutlicht die Neuausrichtung weg vom Panarabismus hin zu einem palästinensischen Nationalismus.

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Insofern ist es gerechtfertigt, wenn Nemi El-Hassan sich heute auf ihre palästinensischen Wurzeln beruft. Auch wenn die palästinensischen Wurzeln 2018 in ihrem künstlerischen Schaffen keine Rolle spielten. Dass jedoch die Familie der Großmutter von israelischen Soldaten aus Nablus vertrieben wurde, wie es in ihren Verlautbarungen anklingt, das bestreitet Experte Oren Osterer. Für ihn ist es unmöglich, dass zionistische oder israelische Truppen in Nablus aktiv waren. "In Nablus und anderen arabischen Städten der Westbank befinden sich ausschließlich jordanische und irakische Soldaten." Osterer ist Projektleiter der Ausstellung "1948" vom Verein für Demokratie und Information, die bundesweit über die Staatsgründung aufklärt.

Das sieht auch der Verein „DEIN e.V.“, bei dem Oren Osterer als Projektleiter tätig ist, so, wie die Organisation twitterte:

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„Lieber WDR,

Nemi El-Hassan tischt uns hier eine Geschichte aus dem Reich der Märchen auf. Sie behauptet, Ihre Großmutter wurde 1948 aus ihrer Heimatstadt #Nablus vertrieben. Auch wenn sie es explizit nicht sagt, ist damit natürlich eine Vertreibung durch zionistische / israelische Truppen gemeint. Aber das kann schlichtweg nicht sein, denn Nablus war kein Ort, den Araber verlassen haben oder flüchten mussten. Die Invasion der Jordanier in die #Westbank, und damit auch nach Nablus, erfolgte ohne jegliche Gegenwehr von Israel oder arabischen Palästinensern.

Auch wenn #BenGurion Nablus und andere Teile der Westbank gerne eingenommen hätte, wurde er im Kabinett und von seinem Generalstab davon überzeugt, dass einen Gegenoffensive im Süden gegen Ägypten sinnvoller sei. Die Einschätzung war, dass Israel Kraft für nur eine Front habe.

In Nablus waren vor allem irakische Soldaten stationiert. Irak und Jordanien waren beide zur damaligen Zeit regiert von Haschemiten und ihre Armeen agierten relativ koordiniert. Auch beim Waffenstillstand 1949 verhandelte Jordanien im Auftrag des Iraks.

Die Behauptung ist historisch schlichtweg unmöglich. Als Macher der #Ausstellung1948 und als Verein, der sich gegen antisemitische Geschichtsverzerrung engagiert, erwarten wir von Euch, …, gerade bei einer Wissenschaftssendung auf Aufrichtigkeit und Wahrhaftigkeit zu achten.

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Der Libanon und „die Palästinenser“

In dem erwähnten Podcast beschreibt Nemi El-Hassan die Diskriminierungen, die die palästinensische Bevölkerung im Libanon zu erleiden hatte. Diese durfte nicht nur eigenen Grund und Boden besitzen, sie durfte auch nicht in akademischen Berufen arbeiten. Bis auf die Großmutter, die ihren Angaben zufolge nicht viel sprach, bestand die Familie aus libanesischen Beduinen. Die zwar nach ihren eigenen Regeln lebte, in der aber die besagte palästinensische Oma  nicht eine so maßgebliche Rolle gespielt haben dürfte, dass ihre gesamte Familie sich mit „den Palästinensern“ identifizierte.

Eine weitere Möglichkeit wäre Outlaw-Solidarität. Die Beduinen, die Nemi El-Hassans Worten zufolge in der libanesischen Gesellschaft weit unten angesiedelt sind, solidarisieren sich mit den ganz unten stehenden Palästinensern. Dann wäre die logische Folge jedoch Opposition gegen den libanesischen Staat, bzw. die Regierung, und nicht Feindschaft gegen Israel.

Möglicherweise spielt eine größere Rolle als der Geburtsort ihrer Großmutter die Tatsache, dass die Familie im Südlibanon lebt(e), einer Hochburg der Hisbollah. Diese wird vom Iran unterstützt und ist eng mit der Hamas verbunden. Immer wieder führten die Aktivitäten der Hisbollah zu Militärschlägen Israels, bei denen viele Tote, auch in der Zivilbevölkerung, zu beklagen waren.

Außerdem agierte im Südlibanon seit 1970 die PLO.1978 kam es in Israel zu mehreren Anschlägen durch die PLO, bei denen viele Menschen getötet wurden. Daraufhin marschierten israelische Truppen in den Libanon ein. Hintergrund war, dass sich die PLO-Führung 1970 im Libanon niedergelassen hatte. Bei der Militäroffensive kamen 1.000 bis 2.000 Menschen ums Leben, rund 280.000 Menschen wurden vertrieben. Vielleicht meint Nemi El-Hassan diese Bodenoffensive, wenn sie in einem Beitrag in sozialen Medien schreibt, dass ihre Mutter als Jugendliche den Dreck der israelischen Soldaten beseitigen musste.

1994 und 1995 bombardierte Israel Stellungen der Hisbollah im Libanon; im Jahre 2000 zog sich die israelische Armee aus dem Libanon zurück.

2006 machte die Hisbollah Israel für ein Attentat verantwortlich, bei dem Mahmoud Majzoub, Führer der islamistischen Bewegung „Islamischer Dschihad“, und dessen Bruder zu Tode kamen. Die Hisbollah reagierte mit Raketenangriffen auf eine Militärbasis in Israel. Nachdem die Hisbollah einen israelischen Grenzposten ermordet und die beiden Soldaten Udi Goldwasser und Eldach Regev entführt hatte, reagierte Israel mit einem Krieg, der vom 12. Juli bis 14. August 2006 dauerte.  Dieser Krieg soll auf libanesischer Seite 1.110 Menschenleben gekostet haben.

Nemi El-Hassan und das IZH – eine Zufallsbekanntschaft?

Ist also möglicherweise nicht die familiäre, sondern die regionale Herkunft Nemi El-Hassans die Erklärung dafür, dass die Wege der Nachfahrinnen der südlibanesischen Beduinenfamilie diese 2008 schnurstracks in eine Berliner Moschee führten, die auch Muslimen aus dem Libanon eine religiöse Heimstatt bot? Eine schiitische zumal, die im Vorfeld des Hisbollah-Verbots 2020 ins Visier des Verfassungsschutzes geriet? Oder anders ausgedrückt: War es das Bedürfnis, auf libanesische Gläubige zu treffen, oder gab es eventuell Verbindungen der Familie im Südlibanon zur Hisbollah? Verbindungen, die Nemi El-Hassan und ihre Cousine nahezu wie selbstverständlich in das Hisbollah-Umfeld in Berlin und Hamburg führten?

Im Vorfeld des Hisbollah-Verbots 2020 wurden in Berlin im Rahmen einer Razzia vier Objekte durchsucht, darunter die Al-Irschad-Moschee. Diese ist mit dem „Islamischen Zentrum Hamburg“ (IZH) verbunden. Dort verkehren laut Bericht des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) Hamburg auch Hisbollah-Anhänger.

In dem bereits erwähnten SPIEGEL-Interview gibt Nemi El-Hassan zu, in einer Berliner Moschee verkehrt zu haben, die  durchsucht wurde:

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Später habe ich einige Berliner Moscheen besucht, leider auch eine Moschee, in der 2020 eine Razzia stattgefunden hat.

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Zur Hisbollah heißt es im Bericht des Ladesamtes für Verfassungsschutz Berlin für das Jahr 2020:

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So gibt es Organisationen, die – wie die libanesische schiitisch-islamistische „Hizb Allah“ – mit der Hilfe verbündeter Regionalstaaten vor allem gegen Israel terroristisch agieren. Hierzu verwendet die „Hizb Allah“ moderne Formen eines Antisemitismus und propagiert die Zerschlagung Israels. In Deutschland tritt die „Hizb Allah“ allerdings nicht mit ihrem Organisationsnamen auf. Ihre Anhänger unterstützen sie vor allem durch das Sammeln von Spenden und die Beteiligung am jährlichen „al-Quds-Tag“.

Die Tätigkeiten der „Hizb Allah“ in Deutschland laufen den Strafgesetzen zuwider und richten sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung.

Vor diesem Hintergrund hat das BMI parallel zum Betätigungsverbot gegen die „Hizb Allah“ ein Ermittlungsverfahren nach § 4 Vereinsgesetz gegen vier Moscheevereine im Bundesgebiet eingeleitet. In diesem Zusammenhang wurden am 30. April bundesweit 15 Objekte durchsucht. Die Durchsuchungen betrafen in Berlin eine Moschee.

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In einem Interview mit der taz erklärt sie, dass sie als 15jährige zufällig im IZH gelandet sei, obwohl sie sich eigentlich nur Hamburg anschauen wollte, aber so gerührt war von den Gläubigen dort, dass sie sich stärker dem Islam zuwandte:

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Unsere Gemeinde organisiert einmal im Jahr eine Fahrt nach Hamburg zur Blauen Moschee. Meine Cousine und ich wollten nur mitfahren, weil wir uns die Stadt ansehen wollten. Weil ich aber am selben Tag erst von einer Klassenfahrt zurückgekommen war, war ich so müde, dass ich am Ende in der Moschee hängen geblieben bin.

Was ich dort erlebt habe, hat mich emotional sehr berührt. Die Menschen, die so sehr ins Gebet vertieft waren. Und alle waren so nett zueinander. Danach habe ich begonnen, mich mit dem Islam zu befassen, und bin jeden Freitag nach Berlin gefahren, um einen Islamkurs zu besuchen. Zwei Jahre später, in der 13. Klasse, war ich für das Kopftuch bereit.

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Das ist das Bild, das sich in der „Blauen Moschee“ bietet, die dem IZH angeschlossen ist, das Nemi El-Hassan so gerührt hat, dass sie streng religiös wurde:

 

Ist möglicherweise ein Bild von 5 Personen, Personen, die stehen und Menschenmasse
Quelle: https://www.facebook.com/IZHamburg/photos/?ref=page_internal

Ist möglicherweise ein Bild von 6 Personen, Personen, die stehen, Kopftuch und Innenbereich
Ritual zur Aufnahme der Mädchen in die Gemeinschaft

 Auch wenn die Führung des IZH immer bestreitet, für die Organisation des Berliner al-Quds-Marsches verantwortlich zu sein, so sind doch immer wieder Vertreter des IZH dort gesehen worden.

Über das IZH schrieb der Hamburger Verfassungsschutz in seinem Bericht 2009:

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Das an der Außenalster gelegene „Islamische Zentrum Hamburg“ (IZH), Träger der „Imam Ali-Moschee“, gehört in Europa zu den wichtigsten iranisch-islamischen Einrichtungen. Mit deren Hilfe versucht Iran, Schiiten aller Nationalitäten an sich zu binden sowie die gesellschaftlichen, politischen und religiösen Grundwerte der islamischen Revolution in Europa zu verbreiten. Durch eine umfangreiche Öffentlichkeitsarbeit (Zeitschriften, Internetpräsenz, öffentliche Veranstaltungen u.a.) und vielfältige Bildungsangebote propagiert das IZH den Islam iranischer Prägung und strebt damit an, den „Export der islamischen Revolution“ zu verwirklichen. Die Inhalte sind dabei bewusst moderat formuliert und bieten kaum Angriffsflächen. Nach außen operiert das IZH als rein religiöse Einrichtung, die keine politischen Aktivitäten in ihrem Wirkungsfeld gestattet. Jede öffentliche Verbindung oder Identifizierung mit der iranischen Staatsführung wird vermieden. Dennoch lassen Veröffentlichungen aus früheren Jahren die islamistisch geprägten Überzeugungen des IZH deutlich erkennen. Das z.B. in seiner Faltblattserie „Muslime im Dialog“ in Nr. 6 „Einheit von Religion und Politik“ zum Ausdruck kommende islamistische Staats- und Gesellschaftsverständ-nis des IZH ist erkennbar vom Primat der Religion gegenüber Demokratie und Rechtsstaat gekennzeichnet. Damit steht es in einem unlösbaren Widerspruch zu den Prinzipien und Werten der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Die „Imam Ali-Moschee“ ist ein Anlaufpunkt für die in Hamburg und Norddeutschland lebenden Schiiten verschiedener Nationen. Hier finden neben regelmäßigen Gebetsveranstaltungen auch religiöse Feierlichkeiten statt. Zudem bietet das IZH Lehrveranstaltungen an, darunter Sprachunterricht in Arabisch, Deutsch und Persisch.

Im Mai 2009 wurde der im Januar 2004 eingesetzte IZH-Leiter Ayatollah Seyed Abbas HOSSEINI GHAEMMAGHAM von Ayatollah Dr. Reza RAMEZANI abgelöst. RAMEZANI hat zuvor das „Islamische Zentrum Wien“ geleitet und sich bereits dort als Verfechter der iranischen Staatsdoktrin gezeigt

Bis 2004 war das IZH noch ein aktiver Unterstützer der jährlich in Berlin stattfindenden israelfeindlichen Demonstration zum „Jerusalem-Tag“ („Quds-Tag“), es übte seitdem jedoch eher Zurückhaltung. Diese hat das IZH offenbar wieder aufgegeben, weil es im Berichtsjahr öffentlich zur Teilnahme an der Demonstration aufrief sowie Transportmöglichkeiten und Verpflegung zur Verfügung stellte. Damit könnte der öffentliche „Revolutionsexport“ wieder intensiviert werden.

Die IZH-Leitung engagierte sich an führender Stelle bei den Vorbereitungen für die am 07.03.09 in Hamburg erfolgte Gründung eines Dachverbandes, der IGS. Dieser soll als „oberste und einzige Vertretung der schiitischen Gemeinden auf Bundesebene“ fungieren und die Gemeindemitglieder aus verschiedenen Herkunftsländern repräsentieren.

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Zur Hisbollah heißt es in Verfassungsschutzbericht Berlin für das Jahr 2014:

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Grundsätzlich hält sich die „Hizb Allah“ in Deutschland mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen zurück, auch aufgrund von Direktiven der Führung im Heimatland.
Öffentlich beteiligten sich „Hizb Allah“-Anhänger in Berlin an der anti-israelischen Demonstration zum „Jerusalem-Tag“ (arab.: „al-Quds“) am 11. Juli. Der „Quds-Tag“ wurde 1979 vom iranischen Regime aus Solidarität mit den Palästinensern und aufgrund seiner Ablehnung des Zionismus und der Existenz des israelischen Staates initiiert. Der iranische Revolutionsführer Ayatollah Khomeni erklärte 1979 die „Befreiung“ Jerusalems zur religiösen Pflicht eines jeden Muslims.

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Im Zusammenhang mit dem Al-Quds-Marsch 2014 taucht im Hamburger Verfassungsschutzbericht 2014 auch das IZH auf:

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Wie bereits seit 2009 beteiligen sich IZH-Besucher und -Funktionäre bei der Unterstützung der auch 2014 in Berlin stattgefundenen israelfeindlichen Demonstration zum „Jerusalem-Tag“ („Quds-Tag”). Am 25.07.2014 beteiligten sich etwa 120 Personen aus Hamburg an der von insgesamt circa 1.200 Demonstranten besuchten Veranstaltung, um ihren Protest gegen die Besetzung Jerusalems (arabisch: al-quds = die Heilige Stadt) und ihre Solidarität mit den aus ihrer Sicht unterdrückten Palästinensern auszudrücken. Es gibt nach wie vor Anhaltspunkte für eine Beteiligung des IZH bei der Organisation und Durchführung der Veranstaltung.

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Uninformiert oder erzkonservative Schiitin?

An dem Al-Quds-Marsch 2014 nahm auch Nemi El-Hassan teil. Die Zeit beschrieb diese Veranstaltung folgendermaßen:

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"Kindermörder Israel, Frauenmörder Israel", skandierten die Israelkritiker. Auf Plakaten forderten sie einen Stopp des – nach ihren Worten – Völkermords in Gaza. 20 bis 30 propalästinensische Demonstranten stimmten laut Tagesspiegel die Parole "Israel vergasen!" an – ein Fall, den die Polizei als Volksverhetzung einstufen könnte. Auf Aufforderung von anderen Al-Quds-Demonstranten unterließen sie die Rufe nach kurzer Zeit, berichteten Reporter. Auch "Sieg-Heil"-Rufe seien zu hören, meldete die Berliner Zeitung. Die Polizei habe die Rufer nicht ausmachen können, hieß es. Die Ordner der Demonstration versuchten Reportern zufolge, die Rufe sofort zu unterbinden.

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Laut SPIEGEL war Nemi El-Hassan „einfach komplett unreflektiert und uninformiert.“

Auf Quantara.de klingt das etwas anders:

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Ich war eine erzkonservative Schiitin. Aber das bin ich heute nicht mehr.

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Von der Demo, die vor dem Hintergrund einer Gaza-Offensive der israelischen Armee mit vielen Todesopfern stattfand, distanzierte sie sich in dem Interview:

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Mittlerweile bin ich auch nicht mehr in diesem konservativen Umfeld unterwegs. Ich gehe nicht mehr in diese Moscheen. Vieles ist mir persönlich zu eng geworden.

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Allerdings blieb sie ihren eigenen Angaben zufolge noch etwa zwei Jahre diesem Milieu verbunden, dessen Lebenselixier Antisemitismus ist. In besagtem Interview gesteht sie Israel das Existenzrecht zu, ohne jedoch das Wort „Israel“ in den Mund zu nehmen:

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Ich spreche dem Staat nicht das Existenzrecht ab.

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Alles in allem versucht sie zu suggerieren, dass sie mit dieser Vergangenheit gebrochen hat, Antisemitismus ihr ein dringendes Anliegen sei und sie den Staat Israel akzeptiere. Dieses Interview wurde als zu akzeptierende Entschuldigung gewertet und dem WDR so nahegelegt, sie wie geplant als Quarks-Moderatorin zu beschäftigen. Beiträge in sozialen Medien sowie der zitierte Podcast von Anfang Juni 2021 zeichnen ein anderes Bild. Sätze wie „… so tut, als wäre das (Tel Aviv, anm. B.G.) einfach nur ein ganz normales Urlaubsziel. Was es de facto nicht ist“ lassen auf einen ein doch nach wie vor problematischen Blick auf Israel schließen. 

Fazit

Es bleiben viele Fragen. 

  • Zu allererst natürlich die Frage nach der Fluchtgeschichte der Großmutter väterlicherseits. Was meint sie, wenn sie sagt, die Familie der Großmutter sei „1948 wurde meine Großmutter aus Ihrem Haus und ihrer Heimat vertrieben. Sie lebte in Nablus, Palästina und was Teil einer beduinischen Familie, eines beduinischen Stammes“? Von wem? Und wohin, wenn sie sagt, ihr Vater sei in Israel geboren. Wie kam die Familie des Vaters von Israel in den Libanon? Oder wurde der Vater noch in Nablus geboren und sie geht bis heute davon aus, dass das israelisch gewesen sei? Wie aber passt das zu der anderen Hälfte der Familie, von der sie in dem Podcast sagt, es seien Beduinen aus dem Südlibanon?

Gab es Verbindungen der Familie im Libanon zur Hisbollah?

War sie „unreflektiert und uninformiert“, als sie 2014 am Al-Quds-Marsch teilnahm, oder „erzkonservative Schiitin“?

Falls Letzteres zutrifft: 

Welche Rolle spielt ihre Familie dabei?

Hat sie sich inzwischen von diesem Milieu gelöst? Auch inhaltlich, oder besucht sie nur keine entsprechende Moschee mehr?

All diese Fragen sollte der WDR klären, bevor er Nemi El-Hassan die Moderation einer Wissenschaftssendung anvertraut.

Wie auch immer ihr Verhältnis zu streng religiösen und islamistischen Kreisen, in denen sie sich nachweislich über viele Jahre bewegte und die auch das Sprungbrett für ihre berufliche Laufbahn waren, unterdessen sein sollte: Geblieben ist ein völlig einseitiges Bild  vom Nahost-Konflikt und ein problematisches Verhältnis zum Staat Israel, mit dem sie auch aktuell nicht hinterm Berg hält.

Der WDR sollte genauestens prüfen, ob ein solches Weltbild mit einem öffentlich-rechtlichen Fernsehsender kompatibel ist, der erstens zur politischen Neutralität verpflichtet ist und zweitens durch Gebühren finanziert wird, die auch Jüdinnen und Juden zu entrichten haben.  


 

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