Mütterarmut ist Kinderarmut
Text Juliane Beer
Laut WELT im April 2022 waren aufgrund von Lockdown und Verdienstausfall während der Pandemie 47 Prozent der Frauen, die in einer Paarbeziehung leben, gezwungen, auf ihre finanziellen Reserven zurückzugreifen. Bei Männern in Paarbeziehungen lag der Anteil bei 29 Prozent. Für Einkommenseinbußen bei Frauen werden im Artikel 20 Prozent angegeben, bei Männern 14 Prozent.
https://www.welt.de/wirtschaft/article238294731/Gender-Gap-Corona-hat-vor-allem-den-Wohlstand-von-Frauen-getroffen.html?source=puerto-reco-2_ABC-V5.0.C_new_aggregator
Dies sind lediglich Zahlen, die die finanzielle Situation abbilden. Was Mehrarbeit im Haushalt durch Kita- und Schul-Lockdown und Homeoffice des Partners angeht, liegen noch keine Zahlen vor. Auch nicht solche, die die Gewalt abbilden, der Frauen und Kinder aufgrund beengter Wohnverhältnisse ausgesetzt waren.
Eigentlich müssten wir inzwischen massenhaft Frauen auf den Straßen der Großstädte sehen, Frauen, die demonstrieren, weil sie die Nase voll haben oder einfach nicht mehr können. Der Frauenanteil bei den sogenannten Montagssparziergängen ist allerdings nicht höher als der Männeranteil, auch wird dort nicht auf die missliche Situation besonders von Frauen aufmerksam gemacht. Dass Menschen öffentlich ihren Unmut äußern ist natürlich auch ohnedies wichtig und gesund für die Demokratie.
Im Mai 2022 war die Erziehungswissenschaftlerin Katayun Pirdawari zu Gast in meiner Sendung Der Bedingungslose Nachmittag. Pirdawari arbeitet bei Schildkröte GmbH, ein Projekt für Bildung, Jugendhilfe, Beschäftigung, Integration und Vermittlung in berufliche Perspektiven.
Die Beratungsstelle im Bezirk Staaken wird von Müttern mit und ohne Migrationshintergrund aufgesucht. Ihre Probleme sind existenziell, während der zwei Corona-Jahre reichte das Geld, das zuvor schon knapp war, bei den betreuten größtenteils berufstätigen Frauen vorne und hinten nicht mehr. Corona Hilfen, von Politik und Medien als unbürokratisch unters Volks gebracht gefeiert, kamen nicht an, waren zu knapp bemessen oder mussten plötzlich zurückgezahlt werden. Doch auch in Staaken sieht man keine protestierenden Mütter auf den Straßen. Die oft berufstätigen Frauen haben aktuell mehr als genug damit zu tun, ihre Kinder irgendwie satt zu kriegen. Man darf davon ausgehen, dass dieser Umstand den Regierenden bekannt ist.
Das gesamte Gespräch mit Katayun Pirdawari kann man im oben verlinkten Video sehen und hören. Unter dem Film sind Anlaufstellen verlinkt, die Beratung und Hilfe bei Armut- und Gewaltbetroffenheit anbieten.
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