Kleine Nachlese des ESC

  


Text und Fotomontage: Birgit Gärtner

Warum die Pogromstimmung gegen Eden Golam keine Überraschung war

Schweden gilt als fortschrittliches, soziales Land, Malmø als kultureller Hotspot. Also ein guter Platz für ein internationales Musikfestival wie dem „Eurovision Song Contest“ (ESC)!? Leider nein. Jedenfalls nicht unbedingt für Israelis. Denn der schöne bunte Schein hat tiefschwarze Schatten, Intoleranz und Antisemitismus sind die Kehrseite der Vielfalts-Medaille.

Eine Mischung aus Naivität und falsch verstandener Toleranz legte den Grundstein für die Krawalle und No-Go-Areas, für die Malmø eben auch bekannt ist – und in denen das Massaker der HAMAS vom 7. Oktober 2023 der Berliner Morgenpost zufolge mit Auto-Korsos gefeiert wurde.

Boykottaufrufe gegen Israel sind auch in Schweden unterdessen Status Quo, die Proteste gegen die Beteiligung Israels vor und gegen Eden Golam im Saal, nur die Spitze des Eisbergs. Eine lange schon anti-israelische „Normalität“ bildet die Grundlage für eine hoch explosive Stimmung gegen den ESC und gegen Eden Golan als das personifizierte jüdische Böse, die ich als Pogromstimmung bezeichnen würde.

Eden Golan, gerade mal 20 Jahre alt, hat das alles auf sich genommen, sich trotz der vorherigen Drohungen bewusst der Gefahren ausgesetzt, der feindlichen Stimmung getrotzt, die bis in den Saal reichte und eben nicht mehr einem Tausende Kilometer entfernten Staat, bzw. dessen Regierung galt, sondern ganz konkret der Künstlerin auf der Bühne, eine mehr als respektable Performance hingelegt und aufgrund der Unterstützung des internationalen Publikums den 5. Platz belegt. 

Manch einer mag sich verwundert die Augen gerieben haben, als am 9. Juni 2024 in Nachrichtensendungen die Bilder aus Malmø ausgestrahlt wurden: Ein endlos langer Polizei-Konvoi bewegte sich durch die Stadt, flankiert von einem Hubschrauber. Da schien ja jemand ganz Besonderes auf dem Weg in die Malmø-Arena zu sein. Was ansonsten wichtigen Staatsoberhäuptern als Begleitschutz vorbehalten ist, galt an jenem Donnerstag jedoch „nur“ einer zierlichen 20jährigen Musikerin: Eden Golan. Dem Magazin Rolling Stone zufolge, waren mehr als 100 schwedische Polizeibeamte im Einsatz, um die israelische Sängerin sicher zur Malmø-Arena zu bringen, in der das Halbfinale des diesjährigen ESC ausgetragen wurde.

Hintergrund für die strengen Sicherheitsvorkehrungen waren Proteste gegen die Beteiligung Israels am ESC. Die „Israel-Kritik“ hatte jedoch einen stark antisemitischen Zungenschlag, so dass die israelischen Sicherheitsbehörden Eden Golan komplett vom sonstigen ESC-Geschehen abschirmten. Sie wurde an einem geheim gehaltenen Ort untergebracht, den sie nur zu den Proben und den Auftritten verlassen sollte, von der Teilnahme an Veranstaltungen und Pressekonferenzen wurde ihr abgeraten. „United in Music“, das Motto des diesjährigen ESC, galt zwar für allerhand schräge Vögel – nicht aber für die israelische Künstlerin.

Vielfalt ja - es sei denn, es kommt eine Israelin, um am ECS teilzunehmen

Ihre Künstlerkollegen, denen es sonst gar vielfältig und tolerant genug zugehen kann, blieben erstaunlich ruhig angesichts der Situation, in der Eden Golan sich befand. Manche blieben auch gar nicht still, sondern schlossen sich den Boykott-Israel-Aufrufen an. Laut taz gehörte der/die/das diesjährige ESC-Sieger Nemo dazu, und dem Focus zufolge gab der/die/das am ESC teilnehmende menschliche Wesen aus Irland, „Bambie Thug an, geweint zu haben. So schlimm sei dies“. „Dies“ meint die Teilnahme der israelischen Künstlerin Eden Golan. Sowohl wer/wie/was Schweizer Nemo als auch wer/wie/was Irin Bambie Thug definieren sich als non-binär, also weder dem männlichen, noch dem weiblichen Geschlecht zugehörig. „Non-binär“ ist eine Spielart dessen, die als „queer“, also die heteronormative Ordnung und Geschlechterbinarität ablehnend, bezeichnet wird.

Nemo hat sich entgegen der weit verbreiteten Annahme nicht nach dem Clownfisch Nemo aus dem Zeichentrickfilm benannt, weil Clownfische das Geschlecht wechseln können, sondern er wurde laut der Schweizer Illustrierten  von seinen Eltern so genannt: „Der Name Nemo kommt vom lateinischen ´niemand`. Nemo erklärte: ´Meine Eltern dachten, wenn ich niemand bin, kann ich alles werden`.“ Jemandem, der alles werden kann, gilt heterosexuell vermutlich als zu gewöhnlich, deshalb nennt Nemo sich „pansexuell“. Damit soll ausgedrückt werden, dass die betreffende Person sich nicht vom anderen Geschlecht, sondern einfach von einem Menschen, unabhängig von dessen Geschlecht, angezogen fühlt. „Bi-sexuell“ reicht scheinbar auch nicht mehr, um im Jahre 2024 die Gefühligkeit in der Clownfischwelt zu beschreiben.

Kurzum, Nemo ist ein junger Schweizer, der mit seiner Partnerin in Berlin lebt und als schillerndes Kunstprodukt in Malmø angetreten ist. Das ist sein gutes Recht, schade nur, dass seine Toleranzgrenze bei weitem nicht die Höhe erreicht, die er anderen abverlangt. Selbst akzeptiert zu werden, als was auch immer sie sich gerade fühlen, nehmen Queers selbstverständlich von anderen in Anspruch. Nur mit der eigenen Toleranz ist es wohl nicht so weit her. „Mithin: eine nichtbinäre Person mit Exkludierungsfantasien, kurios“, beendete taz-Redakeuer Jan Feddersen seinen Artikel. Im Focus resümierte Malte Arnsperger: „Doch für Bambie Thug selbst gilt diese Toleranz nur eingeschränkt.“ Das Beispiel zeige auf schmerzhafte Weise, mit welcher Doppelmoral große Teile der ESC-Community unterwegs seien. Solange es um ihre eigenen Interessen gehe, ihre ungewöhnlichen und einzigartigen Lebensentwürfe, „fordern sie maximale Rücksicht“.

Als einer von wenigen sprach sich der deutsche Teilnehmer Isaac Guderian gegen den Ausschluss Israels vom ESC aus. „Und wenn wir sagen, Israel muss jetzt raus, weil die Regierung Schmu macht – ja dann sind wir nicht mehr ‚United by Music‘“, erinnerte er der Frankfurter Rundschau (FR) zufolge in einer ZDF-Sendung an das ESC-Motto. Die Israelis dankten es ihm laut Rolling Stone mit 8 von 12 möglichen Punkten beim Tele-Voting. Der Ostwestfale belegte am Ende den 12. Platz.

Malmø und Tel Aviv haben viele Gemeinsamkeiten

Eigentlich wäre zu erwarten gewesen, dass Schweden, insbesondere Malmø, ein guter Ort für die israelische Künstlerin sei. Sowohl Schweden als auch Israel gelten in Bezug auf die Rechte der LGBTQ+-Community als besonders fortschrittlich, Tel Aviv wie auch Malmø sind bekannt für Clubkultur, pulsierendes Nachtleben und schrille Pride-Parades. Auch mit dem ESC kennen sich beide Länder aus, mehrfach richteten beide Länder den Contest aus.

In Schweden wird Vielfalt und Toleranz großgeschrieben - es sei denn, es kommt eine Israelin, um am ECS teilzunehmen. Jede noch so schräge Gestalt war herzlich willkommen, nur gegen Eden Golan herrschte eine regelrechte Pogromstimmung.

Dabei fing alles ganz harmlos an. 1951 strahlte Radio Televisione Italiano (RAI) zum ersten Mal das „Festival della Canzone Italiana” (übersetzt Festival des italienischen Liedes / der italienischen populären Musik) aus. Daraus entstand die Idee des „Grand Prix Eurovision de la Chanson“, kurz „Grand Prix“, der seit 1956 von der Europäischen Rundfunkunion (EBU) veranstaltet wird. Die EBU ist ein Zusammenschluss von derzeit 68 Rundfunkanstalten in 56 Staaten Europas, Nordafrikas und Vorderasiens, u.a. auch Israel, mit Sitz in Genf. Alle Mitgliedsstaaten können an dem jährlichen Wettbewerb teilnehmen, der 2001 in Eurovision Song Contest (ESC) umbenannt wurde. Es ist also kein europäischer Wettbewerb, sondern einer der in der EBU zusammengeschlossenen Rundfunkanstalten. Deutschland gehört seit 1956 zu den teilnehmenden Staaten, Schweden seit 1958 und Israel seit 1973. Für Deutschland konnte den „Großen Preis“ 1982 Nicole mit „ein bißchen Frieden“ sowie 2010 Lena Meyer-Landrut mit „Satellite“ abräumen. Sieben Mal hat Schweden den Entscheid gewonnen, Israel vier Mal. Mit der deutschen Teilnahme sind Namen wie Alice & Ellen Kessler, Freddy Quinn, Lale Andersen, Conny Froboess, Heidi Brühl, Gitte, Joy Flemming und viele andere verbunden. Eine ernste Angelegenheit, bis Guildo Horn mit „Piep, piep, piep, Guildo hat euch alle lieb“ zum ersten Mal – zumindest von deutscher Seite – den ESC im wahrsten Sinne des Wortes verballhornte. Trotzdem – oder vielleicht auch deshalb – belegte er am Ende Platz 7. Ein Jahr später vertrat die türkisch-deutsche Popband „Sürpriz“ Deutschland beim ESC mit dem Song „Reise nach Jerusalem“, gesungen auf Türkisch, Deutsch, Englisch und Hebräisch. Darin wurde die Botschaft „birlikte“, „together“ oder schlicht „zusammen“ transportiert. Das musikalische Statement für ein friedliches Miteinander kam an und brachte Deutschland den 3. Platz ein.

Unterdessen ist der Contest größtenteils zur Freakshow verkommen, einem Sammelbecken von Egozentrikern aller Art, in dem sich auch zum Mensch gewordene Clownfische wohl fühlen. Jedenfalls sofern ihre sensible Gefühligkeit nicht durch die Anwesenheit einer Israelin nachhaltig gestört wird.

Schweden hat den ESC nicht nur mehrfach gewonnen, sondern war auch mehrfach dessen Austragungsort. Veranstaltet wurde der Event in der Malmö-Arena. Die Multifunktionsarena dient u.a. der Eishockeymannschaft Malmø Redhawks als Austragungsort, 2011 wurde das Finale der Handball-Weltmeisterschaft der Herren dort ausgetragen, seit 2009 findet dort jährlich ein Semi-Final des „Melodifestivalen“, einem Vorentscheid zum schwedischen Vorentscheid zum ESC, und 2013 schon einmal der ESC statt. Die Halle, in der bereits Weltstars wie Judas Priest, Bob Dylan, Jean Michel Jarre, Cliff Richard & The Shadows, Depeche Mode, Rammstein, Elton John, Britney Spears und viele andere auftraten, bietet bis zu 15.500 Zuschauern Platz.

Malmø wirbt für sich als „einem einzigartigen Ziel für Nachtschwärmer“, mit einem „pulsierenden Nachtleben“, „trendigen Bars und Restaurants“, Live-Music-Acts und Tanzclubs. Jedes Jahr treffen sich bei der Malmø-Pride, dem „wichtigsten Festival“, „alle LGBTQIA+-Menschen Malmös und seine Verbündeten“. Vermutlich ein ähnliches Publikum wie beim diesjährigen ESC. Ein Publikum, dem es den diesjährigen Darbietungen zufolge, offenbar gar nicht vielfältig und tolerant genug zugehen kann – es sei denn, es kommt eine Israelin, um am ECS teilzunehmen.

Woher kommt dieser Hass auf eine 20jährige israelische Künstlerin?

Bei so viel propagierter Buntheit und schriller Lebensfreude stellt sich schon die Frage: Woher kommt dieser Hass gegen Israel und ganz konkret die Jüdin Eden Golan? Ist es wirklich dem aktuellen Gaza-Krieg und der tatsächlich katastrophalen Situation der Einheimischen dort geschuldet?

Ganz definitiv: Nein. So berichtete bereits 2016 die Generalsekretärin der Svensk Israel-Information, Lisa Abramowicz, in der Jüdischen Allgemeinen von zunehmendem „Judenhass und Israelfeindlichkeit … in Skandinavien“:

„Auf Gelassenheit legen wir in Schweden großen Wert. Gemütlich (mysigt) soll es sein, harmonisch – und möglichst konfliktfrei. Doch für uns Juden sieht die Wirklichkeit anders aus. Durch das Musterland der Demokratie weht ein zunehmend rauer Wind. Antisemitismus und Israelfeindschaft nehmen immer mehr zu in dem Land, das sich stets als Supermacht von Toleranz und Wohlfahrt verstanden hat und in dem liberale und humanistische Traditionen großgeschrieben werden.

Stichwort Judenhass: Nicht erst durch die aktuelle Zuwanderung nimmt das Phänomen besorgniserregende Ausmaße an. Dabei gerät vor allem Malmö, Schwedens drittgrößte Stadt, immer wieder in die Schlagzeilen: sei es durch Anschläge auf jüdische Einrichtungen, Dosen mit der Aufschrift ´Zyklon B` vor dem jüdischen Friedhof oder Drohungen, jüdische Jugendliche ´halal zu schlachten`.“

Das sei keine neue Erscheinung, so die Autorin weiter, bereits frühere Studien, wie etwa die des Historikers Henrik Bachner von 2006, seien zu dem Schluss gekommen, dass Schweden mit Migrationshintergrund deutlich stärker antisemitisch eingestellt und die Sympathien der schwedischen Gesellschaft insgesamt im Nahostkonflikt klar verteilt seien: „zu Ungunsten Israels“. 

Der Kreis der schwedischen Israelfeinde um Julian Assange

Im August 2008 erschien in der schwedischen Tageszeitung Aftonbladet ein Artikel unter der Überschrift „Unseren Söhnen wurden ihre Organe geraubtdes Journalisten Donald Bostrøm. Darin griff er, ohne einen stichhaltigen Beleg vorweisen zu können, die Behauptung von Palästinensern auf, Israel habe ohne ihre Einwilligung Organe von deren toten Angehörigen entnommen. Die damalige Regierung unter Benjamin Netanjahu reagierte dem SPIEGEL zufolge empört: Aus israelischer Sicht erinnere der Vorwurf des Organ-Diebstahls an antisemitische Stereotype aus dem Mittelalter, wonach Juden das Blut von Christen für rituelle Zwecke benutzt haben sollen.

Bereits 2001 Donald veröffentlichte Bostrøm das Buch „Inshallah“, in dem er u.a. das Thema Organhandel in Israel aufgriff. Außerdem beschreibt er darin eine Begegnung mit dem „legendäre[n] Anführer“ Yassir Arafat, „ein Gespräch, das fast zwei Stunden dauerte. Ein Treffen, das den Beginn der Arbeit an diesem Buch darstellte“.

Der Journalist war einer der Vertreter der Enthüllungsplattform Wikileaks in Skandinavien, wie auch der bekannte Holocaustleugner Israel Shamir und dessen Sohn Johannes Wahlstrøm. Die drei gehörten neben der Broderskapsrörelsen, einer christlichen Gruppierung innerhalb der schwedischen Sozialdemokratie, zu dem Kreis, der seinerzeit Wikileaks-Gründer Julian Assange nach Schweden einlud. Der Jungle World zufolge streuten die drei Männer zahlreiche Gerüchte über Anna Ardin, eine der beiden Frauen, die sich an die Polizei wandte, um einen AIDS-Test für Julian Assange durchzusetzen, nachdem er ihnen entgegen vorheriger Absprache Geschlechtsverkehr ohne Kondom aufgenötigt hatte. In beiden Fällen gewalttätig laut Schilderung Anna Ardins in ihrem Buch „“Im Schatten von Assange“. Im Falle der anderen Frau während sie schlief.

Auch Johannes Wahlstrøm war vorher bereits durch antisemitische Texte auf. So behauptete er 2005 in einem Artikel im linken schwedischen Magazin Ordfront (Wortfront) laut Jungle World, die dortigen Medien seien von „jüdischen Interessen“ manipuliert. Der Name seines Vaters Israel Shamir soll 2006 auf der Teilnehmerliste der sogenannten Holocaust-Konferenz in Teheran aufgetaucht sein. Ob er tatsächlich an der Tagung teilnahm, ist nicht bekannt. Organisiert wurde diese dem Internetportal eslam.de im Auftrag der religiösen Führung in Teheran von Mohammad-Ali Ramin, der u.a. in Clauthal/Zellerfeld studierte und eigenen Angaben zufolge den notorischen Israelhasser Yavuz Özoğuz, Bruder der stellvertretenden Bundestagspräsidentin Aydan Özoğuz, mit dessen Frau Elke, bzw. Fatima, zusammen brachte. 

Das Kernproblem: Die schwedische Sozialdemokratie

2014 erkannte die damalige rot-grüne schwedische Regierung unter dem Sozialdemokraten Stefan Löfven als dritter Staat in Europa nach Malta und Zypern „Palästina“ als Staat an. Lisa Abramowicz kritisierte diesen Schritt in der Jüdischen Allgemeinen: „Ist Löfven nicht bekannt, dass zwei palästinensische Gebiete mit unterschiedlichen Regimen existieren? Welches Palästina meint der Regierungschef? Das der Hamas, die Gaza beherrscht und von der Europäischen Union als terroristische Organisation eingestuft wird, oder das der Fatah im Westjordanland?“

Die Hamas habe immer wieder deutlich gemacht, dass sie Israel unter keinen Umständen anerkennen werde. Davon zeugten sowohl ihre Charta und ihre Aussagen als auch die drei Kriege, die sie seit ihrem Staatsstreich 2007 gegen Israel angezettelt habe. Auch die „Palästinensische Autonomiebehörde“ stehe mit ihrer „antiisraelischen und sogar antisemitische Rhetorik nicht allzu sehr hinter der der Hamas“ zurück. Die schwedische Regierung hätte Lisa Abramowicz zufolge „ihre Ankündigung mit der klaren Forderung verknüpfen müssen, Israel uneingeschränkt anzuerkennen“. Doch ob eine Partei „diesen Schritt gehen“ werde, die bereits im Wahlkampf „“israelische Kriegsverbrechen“ beklagt habe, sei zweifelhaft.

Der schwedische Soziologieprofessor Aje Carlbom beschreibt in seinem Buch „The Imagined versus the Real Other: Multiculturalism and the Representation of Muslims in Sweden“ (Das imaginisierte versus dem realen Anderen: Multikulturalismus und die Darstellung von MuslimInnen in Schweden), dass die Moschee in Malmø/Rosengård 1980 als erstes muslimisches Gebetshaus in Schweden errichtet wurde. Gemeinhin werde davon ausgegangen, so der Autor, dass sich zunächst Gläubige in einer Gegend ansiedelten, dann irgendwann der Wunsch nach einer Gebetsstätte aufkäme, diese der Anzahl der Gläubigen entsprechend gegründet würde und mit der Zeit, vor allem mit Hinzukommen weiterer Gläubiger, wachse.

Nicht so jedoch in Malmø/Rosengård: Dort wurde eine Mega-Moschee errichtet, obwohl es in der Gegend kaum Muslime gab. Die folgten dann der Moschee und später wurden zudem zahlreiche kleine Gebetshäuser gebaut oder Gebetsräume eingerichtet.

In der großen Moschee werden Konferenzen abgehalten, eine Koranschule wurde eingerichtet, um die Jahrtausendwende kam eine Privatschule hinzu und eine Bibliothek. Finanziert wurde die Moschee von der Muslimischen Weltliga (MWL) und die libysche Jamiat al-Da´wa, geführt wird sie von der „Muslimischen Weltliga Islamisches Zentrum von Malmø“.

Wenige Jahre später, im Jahr 1994, schrieb der Schweizer Politologin Elham Manea zufolge „der Schwedische Muslimrat (SMR) alle politischen Parteien in Schweden an und fragte sie, ob sie sich an einem Dialog darüber beteiligen würden, wie schwedische Muslime besser in die politische Arbeit integriert werden könnten. Zwei Parteien antworteten, die SAP (Schwedische Sozialdemokratie, Anm. B.G.) und die Grünen.“ Das schreibt die Menschenrechtsaktivistin ihrem Buch „Der alltägliche Islamismus: Terror beginnt, wo wir ihn zulassen“.

Demnach bat der damalige SAP-Minister für Integration „die Christlichen Sozialdemokraten (´Broderskapsrörelsen , Bruderschaft` genannt, eine religiös konnotierte Vereinigung innerhalb der SAP, Anm. B.G.) , im Namen der Partei in diesen Dialog einzutreten, da sie ´etwas von Religion verstehen`.

Die Christlichen Sozialdemokraten sagten zu und traten in einen Dialog mit dem SMR, der von der Muslimbruderschaft dominiert wurde. Es dauerte bis 1999 als sie ein Dokument mit dem Titel Teilhabe, Identität und Integration herausbrachten, in dem die Phasen des Dialogs beschreiben wurden sowie eine Strategie, wie ´die Muslime` in die Strukturen der Parteien und ihre Wahllisten eingepasst werden könnten.  Islamisten in und außerhalb von Schweden wurden eingeladen, nun an all diesen Phasen des Dialogs teilzunehmen. Ihnen wurde erlaubt zu definieren, was ´die Muslime` wollten, die Parteipolitik hinsichtlich der ´muslimischen Minderheit` zu formen. Aber die wichtigsten Maßnahmen waren die, mit dem ´Muslime`, ausgewählt vom SMR, in die Parteistruktur integriert wurden.

Die gemeinsame Arbeitsgruppe der zwei Bruderschaften stellte konkrete Ziele auf und sprach sich dafür aus, ´Muslime` aktiv für Positionen in Gremien und Ausschüssen vorzuschlagen. Zusätzlich versprach sie zur Legislaturperiode 2002, dass Muslime in 15 städtischen Plenarlisten und fünf Provinziallisten sowie auf Parlamentslitten in mindestens fünf Provinzen gewählt werden würden. Sie versprach auch, dass bis dahin die SAP 2.000 muslimische Mitglieder haben würde, von denen 300 ein Grundstudium in Politikwissenschaften gemacht hätten.“

Das Ergebnis dieser Entwicklung beschrieb Lisa Abramowicz anschaulich in ihren Beiträgen in der Jüdischen Allgemeinen. Der vorläufige Höhepunkt dieser Melange aus einheimischem schwedischem und zugewandertem muslimischem Antisemitismus bekam Eden Golan während des ESC zu spüren.

 

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