1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland - dann wollen wir mal feiern

 

 


 

James und Monika kabbeln sich, täglich aber liebevoll.

Warum Juden so ordentlich seien?, neckt sie ihn. Sie weiß inzwischen, dass auch Juden zu behandeln sind, wie alle anderen. Findet den jüdischen Ordnungsfimmel besonders lustig. Zu gern zieht sie ihren Schwager damit auf.

Dein Juden-Spießertum...“

Jeden Sonntagvormittag nach dem Frühstück greift James jedoch unbeirrt zu Lappen und Wischmop und putzt. Renate mag nicht putzen. Monika kann nicht putzen. Sie hat keine Zeit, muss Kunst studieren.

Aber wenn der Schwager putzt kann sie ein paar Minuten entbehren. Lugt hinter der Küchentür hervor, zieht Grimassen, bis James sie mit dem Wischmop durch die Zimmer jagt.

Und dann noch diese Vorliebe für Krawatten und Fliegen und Anzüge! Monika kann nicht verstehen, dass James diese Tracht, wenn schon zur Arbeit, auch noch freiwillig zum gemeinsamen Sonntagsspaziergang trägt.

Jude trägt Fliege“, lacht sie gut gelaunt.

Ist das ein Spaß? James weiß es nicht. Aber er wehrt sich. Spottet über Monikas vorlaute Reden. Und dann noch das kurz geschnittene Haar seiner Schwägerin! Sie sei ein Blaustrumpf, was?

Das gäbe es nur bei Schicksen, will er zu gern schmähen, aber nein, das unterlässt er, das steht ihm nicht zu.

Von hinten könne man Monika mit einem hoch geschossenen Schuljungen verwechseln, neckt er stattdessen zurück.

Monika lacht. Das trifft sie überhaupt nicht. Im Gegenteil. Wie stolz sie ist, zu den Frauen zu gehören, die es wagen, auf die Erziehung ihrer Mütter zu pfeifen. Soll der ordentliche Jude spotten!

aus: Juliane Beer, Doch auserwählt. Erhältlich im Buchhandel

 

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