8. März als Feiertag – Nein Danke!

Text: BG



Was wollt Ihr denn feiern? Totensonntag haben wir doch schon



Kürzlich beschloss das Berliner Abgeordnetenhaus, künftig in der Bundeshauptstadt den 8. März, den Internationalen Frauentag, zum gesetzlichen Feiertag zu erklären. Darüber sind alle ganz aus dem Häuschen. Auch Feministinnen:
Wir freuen uns, dass 100 Jahre nach Einführung des Frauenwahlrechts in Deutschland so eine ermutigende Entscheidung getroffen wurde. Den 8. März als Feiertag zu erklären, bedeutet Rückenwind für feministische Anliegen, sowie Anerkennung der vergangenen Errungenschaften. Dieser Feiertag sollte als Aufruf für das Verteidigen und Erweitern der Frauenrechte in den nächsten 100 Jahren verstanden werden“, freute sich die Bundesgeschäftsführerin von Terre des Femmes (TdF), Christa Stolle.
Ich bin wirklich sehr gerne TdF-Mitfrau, aber mit Verlaub, das ist ein frauenpolitischer Offenbarungseid. 

Alle sind ganz aus dem Häuschen? Nein, ich nicht. Denn wir Frauen haben nichts zu feiern. Ein Muttertag im Jahr reicht und Totensonntag haben wir auch schon. Als Jugendliche habe ich in den 1970ern den frauenpolitischen Aufbruch erlebt. Seitdem stand es um die Frauenrechte nicht mehr so schlecht wie aktuell. Selbst in den 1990ern haben wir noch Erfolge zu verzeichnen gehabt, z. B. die Entscheidung, dass Vergewaltigung in der Ehe zum Straftatbestand wird. Aktuell erleben wir Frauen ein Desaster nach dem anderen. Außer natürlich dem 8. März als Feiertag. Ein großer Erfolg. Euer Ernst?

Für den 8. März 2019 ist ein großer Frauenstreiktag geplant. Dem ich mich nicht anschließen werde, denn der Fe_mi*ni_smu*s ist mittlerweile so divers*, dass er sich um alles kümmert, bloß nicht mehr um Frauenrechte.

Aber abgesehen davon: Wie effektiv ist wohl ein Frauenstreik – an einem Feiertag? 

Schaut Euch doch bitte mal den 1. Mai an, der „Kampftag des Proletariats“, an dem die Mehrheit der Arbeiterklasse um die Fernbedienung des Fernsehers kämpft, vielleicht mal ins Grüne fährt oder sich bei den DGB-Kundgebungen auf der Fressmeile durchprobiert und sich die Hucke voll säuft.
Stellt Ihr Euch so den Kampf um Frauenrechte vor? Vati ärgert sich übers Fernsehprogramm, weil auf allen Programmen „Die Hexen von Eastwick“, „Die Frauen von Stepfort“, „American Beauty“ und – wir sind ja multi-kulti – von arabischen Sendern übernommene Schminktipps für misshandelte Frauen, läuft. Mutti kocht dann mal was Schönes – um Vati zu besänftigen und um wenigstens irgendwas Positives zu haben, von dem sie am nächsten Tag im Büro erzählen kann. 

Es gibt einige Anlässe, die sich meines Erachtens für einen säkularen Feiertag eignen würden. Spontan fiele mir der 9. November ein. Nein, nicht wegen der gefallenen Mauer, sondern wegen des steigenden Antisemitismus in unserer Gesellschaft. Der könnte mit einem entsprechenden Tag zu einem Tag der Besinnung und Besinnlichkeit werden. Z. B. mit der Verpflichtung für Betriebe und Schulen, ihn dem Anlass entsprechend mit Gedenkveranstaltungen zu begehen. Und Diskussionsrunden über die Ursachen des Anstiegs von Antisemitismus. Denn Gedenken bringt nur was, wenn es nicht rückwärtsgerichtet ist.

Womit wir beim nächsten Problem wären: Was genau ist der Sinn eines Feiertages für Männer am 8. März? Wenn Euch auf diese Frage ´ne gescheite Antwort einfällt, lasst es mich bitte wissen. 

Konsequent wäre, wenn Frauen und Mädchen frei hätten. Z. B. um demonstrieren zu gehen.
Jetzt kommt mir bitte nicht mit LGBTAJCHEURÄCJFPSIQVNGHEIS*…, denn wir reden hier über den Internationalen Frauentag und nicht den Internationalen Tag der Mitgemeinten und alle, die sich dafür* halten. 

Abgesehen von all dem: Was bitteschön wollt Ihr denn feiern?

- Die knapp 150 ermordeten Frauen, die 2017 von ihren (Ex)-Partnern ermordet wurden? Im Jahr 2018 wurden 364 Frauen ermordet, also durchschnittlich eine pro Tag. 2019 bislang 10. Die Zahlen habe ich einer Petition für das Ende des Femizids entnommen. Leider gibt es keine Aufschlüsselung dazu, wie viele dieser Frauen von ihren (Ex)-Partnern, ihren Brüdern, denen ihr Lebensstil nicht gefiel, oder schlicht weil sie zur falschen Zeit am falschen Ort waren, ermordet wurden.
- Die Tatsache, dass immer weniger Frauen sich trauen, Sexualdelikte zur Anzeige zu bringen, weil sie befürchten müssen, als Lügnerin abgestempelt zu werden und selbst vor´m Kadi zu landen?
- Die Tatsache, dass Gewalt gegen Frauen mit aller Macht in die Öffentlichkeit zurückgekehrt ist?
- Das Bordell Europas?
- Die Tatsache, dass höchste Gerichte bezweifeln, dass das beschlossene Gesetz zum Verbot von Kinder-Ehen mit der Verfassung im Einklang steht?
- Den Angriff auf das Berliner Neutralitätsgesetz?
- Den Gender-Pay-Gap von etwa 21%?
- Die Tatsache, dass die Frauenquote zunehmend von Männern erfüllt wird? In der Politik, bei der Bundeswehr und im Sport.
- Die Mütter-Armut?
- Die durch die Sorgerechtsänderung quasi völlige Entrechtung von Müttern?
- Die Tatsache, dass, nachdem die Ehe für alle nun beschlossene Sache ist, die FDP die Legalisierung der Leihmutterschaft aufs Tapet bringt?
Altersarmut, die immer mehr Frauen betrifft?
- Die zunehmende Wohnungslosigkeit von Frauen?
- Die Angriffe auf das Recht aus Schwangerschaftsabbruch und die Kriminalisierung von Ärztinnen und Ärzten die diese durchführen?
Was also wollt Ihr feiern?
Ich frag für ´ne Freundin … 
 



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