Feiern nach Berliner Art oder: am 1. Juni ist Al-Quds-Tag





Text Juliane Beer





Der Saal füllt sich schnell. Am Eingang steht nicht nur der in öffentlichen Einrichtungen mittlerweile obligatorische Wachschutz, auch vier Mann bewaffnete Polizei in kugelsicheren Westen haben sich zum Empfangskomitee gesellt.
Nein, aus der höchsten Politkaste wird hier heute niemand erwartet.
In einem kleinen Saal im Rathaus Berlin-Charlottenburg soll über einen bevorstehenden islamischen Feier- und Kampftag zur Zerstörung Israels informiert werden.
Die Sicherheitsmaßnahmen sprechen für sich. Eigentlich kann man jetzt wieder nach Hause gehen, hat man doch begriffen, wie die Dinge liegen im Berlin des Jahres 2019.

Was ist der Al-Quds-Tag?

Jährlich am letzten Freitag des islamischen Fastenmonats Ramadan wird in der arabischen Welt der Al-Quds-Tag begangen. In Iran beispielsweise ist er gesetzlicher Feiertag. Aber auch in westlichen Metropolen steigt die Feierlaune von Jahr zu Jahr. Die Zahl der TeilnehmerInnen nimmt zu. In Berlin ziehen IslamistInnen, AnhängerInnen des diktatorischen Mullah-Regimes Iran, versprenkelte AntisemitInnen und antisemitische Polit-Grüppchen durch die Stadt und rufen zur Vernichtung Israels und zur Eroberung „al Quds“ (Quds ist der arabische Name für Jerusalem) auf. Es kommt zu antisemitischer Propaganda (Plakate) und Hassreden.

Die Informationsveranstaltung 
(auf der ich geblieben bin)

Nach einem nichtssagenden Baukasten-Grußwort des Bürgermeisters von Berlin- Charlottenburg referiert
Michael Spaney (Mideast Freedom Forum) über die geschichtliche Hintergründe des Al-Quds-Tags und über die diesbezüglichen Feierlichkeiten im Nahen Osten dieser Tage. Hier findet man Ausführliches zum Thema: http://www.mideastfreedomforum.org/index.php?id=513

Linus Pook, (Jüdisches Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus e.V.) dokumentiert danach anhand von Fotomaterial früherer Demos antisemitische Vorkommnisse auf dem Marsch. Es ist ungefähr das, was sich in abgeschwächter Form bei #unteilbar im Oktober 2018 abspielte ( wir berichteten). Da #unteilbar noch jung ist und es laut Pook auf dem Al-Quds-Marsch in den ersten Jahren ebenfalls lediglich schüchtern in kleinem Grüppchen zuging, kann man sich selbst mit mittelmäßiger Phantasiebegabung ausmalen, wohin die Reise bei so einigen ´linken/linksliberalen´ Demos, die sich lediglich gegen westlichen Faschismus richten, gehen wird.
Pook dokumentierte außerdem, welche ProtagonistInnen beim Al-Quds Marsch der letzten Jahre mitliefen - es ist die übliche illustre Schar vom Islamischen Zentrum Hamburg über Jürgen Grassmann, über palästinensische Wehrsportvereine bis hin zur Kleinpartei Deutsche Mitte.

Franziska Schilling (Register Charlottenburg-Wilmersdorf) legte danach Zahlen vor, wonach antisemitische Angriffe und Beleidigungen in Charlottenburg seit 2013 kontinuierlich zugenommen haben.

Das Publikum

Noch mehr erschreckendes beförderte das Publikum (aller Altersgruppen) zutage. Eine Exil-Iranerin, in der Flüchtlingshilfe aktiv und da für minderjährige unbegleitete junge Männer zuständig, berichtete, zahllose dieser Jungen kämen mit der festen Überzeugung nach Deutschland, der Holocaust sei eine Erfindung der Jüdinnen und Juden gewesen. So würde es in der Heimat in der Schule gelehrt.

Ich möchte an dieser Stelle daran erinnern, dass unsere Politik 2015 hoffte, unter den Flüchtlingen würden sich Fachkräfte wie medizinisches Personal, Pflegekräfte und Architekten befinden. Nach dem Rede-Beitrag der Iranerin konnte man einmal mehr aufatmen, dass sich das als Halluzination erwiesen hat. Womit ich nicht sagen möchte, dass ein Kellner oder eine Reinigungskraft oder ein Erwerbsloser mit solcherlei `Schulbildung´ und Sozialisation sehr viel weniger Schaden anrichten kann als ein Arzt oder Pfleger. Um Wahn, der Menschen von klein auf in die Hirne gehämmert wird, in die Tat umzusetzen, finden sich immer Mittel und Wege.

Weitere Stimmen aus dem Publikum berichteten vom Alltagsantisemitismus der SozialarbeiterInnen aus der islamischen Community, vom Antisemitismus bei der Berliner Polizei, vom Steuergelder-Segen über den sich `Jugendprojekte´ freuen dürfen, die von AkteurInnen der islamistischen Szene initiiert werden. Und viel Gruseliges mehr.

Gegen Schluss wurde endlich die Frage gestellt, wegen der vermutlich über die Hälfte des Publikums erschienen war (mich eingeschlossen). Warum die deutsche Regierung an ihrem ´guten` Verhältnis zum Iran so unbeirrt festhielte.
Applaus.
Und ein mehr oder weniger ratloser Michael Spaney.
Nur aufgrund des seit Jahren bestehenden lukrativen Handelsverhältnisses?
Nein, sicher sei das nicht der einzige Grund, sagte er. Das Irangeschäft würde einen einstelligen Prozentsatz gemessen am gesamten Außenhandel der Bundesrepublik ausmachen.
Spaney vermutete, dass die deutsche Politik, und zwar geschlossen und parteiübergreifend, derart iranfreundlich sei, weil sie Angst hätte. Angst vor Terror in der Bundesrepublik. Es sei jedoch ein Trugschluss, zu meinen, den Terror durch Appeasement-Politik fernhalten zu können, ergänzte Spaney. Das iranische Regime würde das deutsche Verhalten allenfalls als Schwäche deuten.

Das ist alles?

Warum die deutsche Regierung ein diktatorisches Regime hofiert, beglückwünscht, protegiert, das `ungehorsame´ Frauen, Andersdenkende, Homosexuelle, AtheistInnen usw. nicht nur im eigenen Land foltert und ermordet, sondern um die ganze Welt verfolgt und hinrichtet, außerdem erklärtermaßen die Vernichtung Israels auf der Agenda stehen hat, konnte also auch im kleinen Saal des Rathauses Charlottenburg nicht abschließend beantwortet werden.
Die Veranstaltung war dennoch interessant und informativ.

Auf dem Heimweg beschäftigte mich eine Frage. Wohin könnte man fliehen, wenn das deutsche Politik-Ensemble auch weiterhin an seiner bestürzenden Naivität oder aber an ganz anderen Beweggründen festhielte.

Zumindest gegen den Al-Quds Tag kann man demonstrieren:

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