Wie viele ermordete Frauen braucht´s für einen Aufschrei gegen Frauenhass – tödlichen Frauenhass?


Text und Grafik: Birgit Gärtner

Am vergangenen Freitag wurden in Wien insgesamt fünf Frauen und Mädchen, konkret vier Frauen und ein 13jähriges Mädchen, tot aufgefunden. Drei der Frauen wurden prostituiert und mutmaßlich von einem Freier umgebracht, im Fall der vierten Frau und des Mädchens – Mutter und Tochter – ist der Ehemann, bzw. Vater dringend tatverdächtig.

Um mal die Dimensionen zu verdeutlichen: In Österreich leben rund 9,1 Mio. Menschen, davon 4,5 Mio. Frauen, in Deutschland 84,4 Mio. insgesamt, 42,8 Mio. Frauen. Übertragen auf Deutschland würde das bedeuten, dass 46 Frauen an einem einzigen Tag tot aufgefunden würden – gewaltsam ums Leben gebracht von Männern, die tatsächlich oder vermeintlich Macht über sie hatten. Freier haben Macht über Prostituierte, sie können sich Macht über Frauen kaufen. Ehemänner beanspruchen häufig wie selbstverständlich Macht über Ehefrau und Kind/er, sie glauben, sie hätten diese mit dem Trauschein erworben.

Vielleicht könnt Ihr Euch das besser vorstellen, wenn wir es auf die Größe Wiens runter brechen und mit Hamburg vergleichen: 971.000 Einwohnerinnen Wien, 969.999 Hamburg (nein, Männer sind nicht mitgemeint). Also würde das bedeuten, dass an einem einzigen Tag in Hamburg fünf Frauen ums Leben gebracht würden.

Passiert ist nach Bekanntwerden der fünf Frauenmorde in Wien … nichts.

Ok, Österreich, ist halt weit weg, werden jetzt einige denken. Wenn ich daran erinnern darf: Minneapolis ist weitaus weiter weg. Als dort am 25. Mai 2020 der Afroamerikaner George Floyd bei einem Polizeieinsatz gewaltsam ums Leben kam, gab es auch in Deutschland allerorten Protestdemonstrationen. "Black Lives Matter" hieß es damals. Völlig zu recht, denn selbstverständlich zählen auch Leben afroamerikanischer Menschen. „Black Lives Matter“ wurde zur weltumspannenden antirassistischen Bewegung.

Am 19. Februar 2020 brachte ein deutscher Mann zehn Menschen um: Acht Männer mit Migrationshintergrund, Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Hamza Kurtović, Vili Viorel Păun, Fatih Saraçoğlu, Ferhat Unvar, Kaloyan Velkov, die deutsche Romni Mercedes Kierpacz und schließlich seine Mutter Gabriele Rathjen. Danach stand dieses Land Kopf. Ebenfalls völlig zu recht. Runde Tische, hochkarätig besetzte Gremien, 1 Mrd. € für den „Kampf gegen Rechts“ waren die Folge.

Daran, dass Frauenmorde in Deutschland achselzuckend hingenommen werden, haben wir uns spätestens seit dem 25. Juni 2021, dem Messerattentat von Würzburg gewöhnt, bei dem drei Frauen, die Rentnerin Johanna H., die Mutter Christian H. und Stefanie W., ums Leben kamen. Oder könnt Ihr Euch an Gedenkveranstaltungen erinnern? Jedes Jahr am 19. Februar indes ist großer Bahnhof – nicht nur in Hanau.

Da stellt sich mir die Frage: Wie viele tote Frauen an einem Tag, bei einem Anschlag, braucht´s für einen Aufschrei gegen tödlichen Frauenhass?

Um nicht missverstanden zu werden: Mir geht es nicht um eine Opferolympiade, auch möchte ich männliche nicht gegen weibliche Opfer aufrechnen. Sondern ich möchte, dass Frauenhass, tödlicher Frauenhass zumal, genauso thematisiert, problematisiert und skandalisiert wird wie rassistisch motivierte Gewalt. Nicht mehr – aber auch nicht weniger.

Women´s Lives Matter muss selbstverständlich werden!

RIP, Ihr ermordeten Frauen von Wien! 



 

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