"Muslim Interaktiv" - offene Drohung an den Westen

 

 

Text und Grafik: Birgit Gärtner

Die Anhängerschaft von "Muslim Interaktiv" will nichts weniger als die Umgestaltung unserer parlamentarischen Demokratie in ein Kalifat

Geheimtreffen sind derzeit offensichtlich in. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie im privaten Rahmen stattfinden und nicht – oder nicht lange – geheim bleiben. Ferner zeichnen sie sich dadurch aus, dass die publik gewordenen Inhalte nicht geheim, sondern längst veröffentlicht oder zur Schau gestellt wurden.

Das gilt sowohl für das durch Correctiv bekannt gemachte sogenannte „Potsdamer Geheimtreffen“, bei dem sich Menschen aus dem konservativen bis rechtsextremen Milieu trafen, u.a. um sich ein Referat des österreichischen Identitären Martin Sellner anzuhören. Der geneigten Zuhörerschaft legte er seine Überlegungen zu Migration und der Rückführung ausreisepflichtiger Ausländer, vor allem abgelehnte Asylbewerber, dar. Die lassen sich in einem unlängst publizierten Buch nachlesen, dafür hätte sich Correctiv die 007-Nummer sparen können, die mit Journalismus nun wirklich nichts mehr zu tun hat. Das Besprochene unterscheidet sich im Übrigen inhaltlich nicht sonderlich von der ansonsten allerorten geführten Migrationsdebatte – der Ton mag in Potsdam, vermeintlich so ganz unter uns, rougher gewesen sein.

Das gilt auch für das letzte Woche bekannt gewordene „Geheimtreffen“ der Organisation „Muslim Interaktiv“ in der „Elite Eventhall“ in Allermöhe im Bezirk Hamburg-Bergedorf. Die Hamburger Morgenpost (MoPo) machte auf das Event aufmerksam. Der Betreiber der Eventhall, bekannt als Tagungs- und Veranstaltungsort, an dem beispielsweise Hochzeiten gefeiert werden können, will gar nicht gewusst haben, wen er sich da ins Haus geholt hat. Dummerweise fand die MoPo heraus, dass besagte Treffen an Karfreitag bereits der zweite Event in Folge in dieser Hall war. Auch „Muslim Interaktiv“ macht für gewöhnlich aus  dem Herzen keine Mördergrube. Mehrfach brachte ihre Anhängerschaft deren krude Weltsicht unter massivem „Allahu Akbar“-Gebrüll und demonstrativem Hebens des rechten Zeigefinders mitten in der Hamburger Innenstadt zu Gehör.

Beide „Geheimtreffen“ sind weder geheim, noch deren Inhalte besonders originell. Harmlos sind sie trotzdem nicht. Das gilt auch für die Zusammenkunft in Potsdam: Beide Einlader – von denen der eine indes nicht anwesend war – suhlten sich in der Vergangenheit im rechten Sumpf. Der eine, Gernot Mörig, war früher Vorsitzender der rechtsextremen Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ), der andere, Hans-Christian Limmer, entstammt einer Familie, in der u.a. mit Ursula Haverbeck der Geburtstag eines Altnazis gefeiert wurde und auf deren Anwesen in Italien sich Ralf Wohlleben aufgehalten haben soll. Das bestreitet Hans-Christian Limmer allerdings. Ralf Wohlleben wurde wegen Beihilfe zum Mord verurteilt, weil ihm vorgeworfen wird, dem NSU die Tatwaffe besorgt zu haben. Hans-Christian Limmer war in Potsdam indes nicht anwesend und distanzierte sich von den dort besprochenen Inhalten. Allen, die sich in Potsdam zum trauten Stelldichein versammelten, hätte klar sein müssen, wessen Einladung sie gefolgt sind. Das gilt übrigens auch für das Food-Startup „Pottsalat“, dessen Betreiber sich entsetzt über die Familiengeschichte des Investors Hans-Christian Limmer zeigten. Augen auf bei der Investorwahl, rate ich da. 

 


„Allahu Akbar“ mitten in der Hamburger Innenstadt

Bereits am Samstag, den 4. Februar 2023, bot sich Einheimischen und Touristen in der Hamburger Innenstadt ein verstörendes Bild: Tausende – meist junge und männliche – Muslime demonstrierten u.a. mit „Allahu Akbar“-Sprechchören und in salafistischer Manier erhobenem rechten Zeigefinger offensiv und lautstark ein vormodernes, antidemokratisches Weltbild. „Der Koran ist die Zukunft“ stand auf mitgebrachten Pappschildern geschrieben und wurde ebenfalls lautstark in Sprechchören skandiert. Gemeint ist eine fundamentale, schriftgetreue Auslegung des Korans; eine Interpretation, die die Beteiligten für den einzig wahren Islam halten. Gemeint ist ein Kalifat, in dem Religion und Politik eins sind. Gemeint ist, dieses sei „die Zukunft“ in Hamburg, in Deutschland, im Westen.

Die Manifestation, zu der eine Gruppierung namens „Muslim Interaktiv“ aufgerufen hatte, ist nicht anders als eine Kampfansage an den westlichen Lebensstil zu verstehen, dem sich die Demonstranten diktatorisch unterworfen fühlen. Eine Kampfansage an „die Ungläubigen“, zu denen nach Lesart dieses islamischen Spektrums auch Christen und Juden gehören, deren Zukunft ein Redner „in der Hölle“ sieht. In einem „Morgen“, das „schneller“ kommen könne, „als Ihr denkt“.

Anlass des Aufmarsches war ein Vorfall in Stockholm, der sich kurz zu vor ereignet hatte: Der dänische Einwanderungs- und Islamgegner Rasmus Paludan hatte im Rahmen einer Kundgebung in der Nähe der türkischen Botschaft einen Koran verbrannt. Anlass der Versammlung in Stockholm wiederum war die ablehnende Haltung der Türkei zur Aufnahme Schwedens in die NATO. Die türkische Regierung sperrt sich dagegen, Präsiden Recep Tayyip Erdoğan wirft Schweden vor, die in der Türkei als Terrororganisation geltende kurdische Guerilla PKK zu unterstützen.

Antisemitismus als Kernbotschaft

Die vor allem in sozialen Medien agierende Gruppierung „Muslim Interaktiv“ instruierte im Vorfeld der Hamburger Demonstration potentielle Teilnehmer mit einer „Checkliste“ genauestens, damit der Aufmarsch die größtmögliche Außenwirkung entfaltet. Neben praktischen Tipps wie „zieh dich warm an“, „nutze öffentliche Verkehrsmittel oder reise in Fahrgemeinschaften“, „bete am besten schon vorher das Mittagsgebet“ wurden diese aufgefordert, die Checkliste und den Hashtag „#DieZukunftgehörtdemQuran“ in sozialen Medien zu verbreiten, zur Demo einen Koran mitzubringen und „Bilder und Video von der Kundgebung“ zu machen und diese anschließend überall mit besagtem Hashtag zu posten.

Die Gruppierung trat 2020 das erste Mal öffentlich in Erscheinung und wird dem ideologischen Spektrum von „Hiz ut-Tahrir“ zugerechnet, und gegen die wurde im Januar 2003 ein Betätigungsverbot erlassen. Und zwar ganz explizit wegen antisemitischer Hetzpropaganda und der Aufforderung zur Tötung von Juden.

Judenhass war schon bei der Gründung der HuT das Kernelement, wie einer Publikation der „Zentrale für politische Bildung“ (bpb) zu entnehmen ist:

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Die Hizb ut-Tahrir (HuT; arabisch für "Partei der Befreiung") hat ihren Ursprung in den frühen 1950er-Jahren in Jerusalem. Obwohl der Name "Partei der Befreiung" suggeriert, es handle sich um eine Partei im klassischen Sinne, sollte die HuT eher als transnationale, panislamistische Bewegung oder Organisationsform verstanden werden. Gegründet wurde die Bewegung vom palästinensischen Rechtsgelehrten Taqi ad-Din an-Nabhani (1909-1977). Das wichtigste Element seiner Ideologie stellte zunächst eine Befreiung Palästinas von der "Besetzung" Israels dar. In den folgenden Jahren verschob sich der Fokus der Gruppe auf eine Befreiung aller Musliminnen und Muslime weltweit von der wahrgenommenen Unterdrückung durch "den Westen" und seine Konzepte wie den Kapitalismus.

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So ist es vermutlich kein Zufall, dass „Muslim Interaktiv“ zu ersten Mal öffentlich zu einem Aufmarsch am 28. Mai 2021 ebenfalls in Hamburg aufrief, als Reaktion auf eine zugespitze Lage im sogenannten Nahost-Konflikt. Damals standen die Teilnehmer einem militärischen Aufzug gleich in Reih und Glied und brüllten: „Israel Kindermörder“. Mitten in Hamburg – ohne dass die Veranstaltung seitens der Polizei augenblicklich aufgelöst wurde.

„Ungläubige“ sind „zur Hölle verdammt“

„Kapitalismus“ ist dabei das Synonym für westlichen Lebensstil, dem sich wie eingangs erwähnt „Muslim Interaktiv“ diktatorisch unterworfen sieht. So wurde auf der Kundgebung u. a. „die Entblößung“ von „unseren“ Mädchen im Schwimmunterricht beklagt.

Die Mehrheitsgesellschaft wird offenbar als Bedrohung für „die muslimische Identität“ wahrgenommen, der es die Stirn zu bieten gilt – und die auf ihre Plätze zu verweisen ist. Zumindest, was die Zukunft anbetrifft. Und die sieht für die „arroganten“ Ungläubigen nicht rosig aus – jedenfalls wenn die in diesem Video dokumentierte Zukunftsvision eines der Redner Realität wird:

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Sie wollen von uns, dass wir ihre Werte, ihre Überzeugungen und ihre Lebensanschauungen annehmen sollen. Und dabei gehen sie sogar so weit, dass sie von uns Muslimen allen Ernstes fordern, edle Verse aus dem Koran für ungültig zu erklären. Sie als „nicht zeitgemäß“ zu bezeichnen, oder sie sogar zu streichen.

Und diesen westlichen Staaten samt ihren Regierungen und … richten wir aus:

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An dieser Stelle wird der Redner durch „Allahu-Akbar“-Sprechchöre unterbrochen, so mancher der Zuhörer streckt nach salafistischer Manier den rechten Zeigefinger gen Himmel.

Der Redner konnte schließlich fortfahren:

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Ihr (die westlichen Staaten, Anm. B.G.) investiert viel Kraft, Mühe, Geld und Zeit in Euren zwanghaften Wahn, die islamische Identität der Muslime von der Bildfläche verschwinden zu lassen. Aber egal, was Ihr unternehmen werdet, egal, wie sehr Ihr Euch auch bemühen werdet, all Euer Einsatz wird Euch nichts bringen. Denn wir sind die Ummah von Mohammed und wir vertrauen unserem Herrn, wenn er spricht:

„Und die, die ungläubig sind, werden zur Hölle verdammt werden.“

Und deshalb richten wir Euch weiterhin aus:

Wisset, dass die Zeit schneller vergeht, als Ihr denkt. Auch wenn Euch das heute lange vorkommen mag, ehe Ihr Euch verseht, ist es schon zu spät. Dann ist es morgen.

Heute könnt Ihr noch unter Polizeischutz Eure Schandtaten vollziehen.

Heute denkt Ihr, dass Ihr unantastbar seid.

Heute hat Euch Euer Hochmut und Eure Arroganz in Verblendung geführt.

Aber heute ist schon bald vorbei.

Und dann kommt morgen.

Und morgen hat sich alles geändert.

Morgen werdet Ihr kläglich gescheitert sein.

Morgen werdet Ihr verstehen, wie schwach Ihr eigentlich seid.

Morgen werdet Ihr begreifen, dass Ihr die Verlierer seid.

Morgen ist die Zukunft.

Und die Zukunft gehört Allah.

Die Zukunft gehört dem Islam.

Und die Zukunft gehört …

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Erneut wird der Redner durch Sprechchöre unterbrochen:

„Wem gehört die Zukunft?

Dem Koran.“

Schließlich stellt der Redner die Bedeutung des Korans klar:

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Sie können versuchen, den Koran zu verbrennen und meinen, sie hätten den Koran vernichtet. Aber sie verstehen nicht, dass es auf der gesamten Erde kein einziges Buch gibt, das von so vielen Menschen gelesen, rezitiert, auswendig gelernt und praktiziert wird, wie der Koran.

Egal, auf welchem Kontinent oder in welcher Zeitzone, egal, welche Ethnie …, welche Hautfarbe oder welche Muttersprache. Es vergeht weltweit keine einzige Sekunde, in der das Buch Allahs, der Koran, nicht gelesen wird.

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Das klingt nicht nur nach einer Drohung – es ist eine Drohung.

Die wirkt allerdings lächerlich, ausgesprochen von einem Repräsentanten einer Organisation, der auf Facebook gerade mal 593 Menschen folgen. Aber – und da wird es tatsächlich bedrohlich:

Erstens bringt diese Organisation das aggressive Selbstbewusstsein junger fundamentaler Muslime auf die Straße. Das ist in dieser Form eine neue Qualität und wird andere animieren, es ihnen nachzutun.

Und zweitens steht „Muslim Interaktiv“ nicht für sich, sondern wird dem Spektrum der HuT zugerechnet und ist neben „Generation Islam“ (GI) und „Realität Islam“(RI) eine von drei bekannten Gruppierungen dieses Milieus. Und die erreichen nicht wenige Hundert, sondern Zig-Tausende. So wurde beispielsweise das YouTube-Video „Schäme dich niemals für die Scharia“ von GI 22.571 Mal aufgerufen. 55.500 Follower hat dieser YouTube-Kanal.

HuT breitete sich sehr schnell weltweit aus

Laut bpb konnte
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Von Palästina aus … die Hizb u-Tahrir in über 40 Ländern Organisationsstrukturen entwickeln. Ihr werden mehrere zehntausend Anhängerinnen und Anhänger zugerechnet. Besonders viel Zulauf hat sie in Zentralasien, zum Beispiel in Kirgistan, Tadschikistan und Usbekistan. Ein Zentrum der Hizb ut-Tahrir bildet heute zudem der Libanon und in Europa ist sie insbesondere in Großbritannien stark vertreten. Dabei ist die Hizb ut-Tahrir in vielen mehrheitlich muslimischen Ländern – im Gegensatz zu den meisten europäischen – verboten. Dort wird argumentiert, sie würde die bestehenden Herrschaftsordnungen in Frage stellen.

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Der Publikation zufolge bewegte sich die Organisation vorwiegend in akademischen Zirkeln. Das erklärt auch, wieso sie zunächst in Hamburg und wenig später in Berlin in Erscheinung trat. Im Jahr 2000 wurde sie zum ersten Mal im Verfassungsschutzbericht des Landes Hamburg erwähnt:

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Seit mehreren Jahren verbreiten „Hizb ut-Tahrir“-Anhänger in Hamburger Moscheen in St. Georg Flugblätter mit Stellungnahmen zu Geschehnissen in der islamischen Welt und treten als Redner auf. Im Internet ist die Organisation mit einer Homepage vertreten,

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war dort zu lesen. Außerdem:

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Sie lehnt jeglichen Kontakt mit dem „Judenstaat“ als „Verrat und Verbrechen“ ab und sieht „die Juden“ als einen „giftigen Dolch im Herzen der islamischen Nation“. Ihre Feindbilder sind ebenso die nach ihrer Auffassung mit Israel und westlichen Regierungen „kollaborierenden
Herrscher“ der arabischen bzw. islamischen Welt, derer die Muslime sich entledigen müssten. Sie bezeichnet sich als eine „politische Partei, deren Ideologie der Islam und deren Ziel die Wiederaufnahme der islamischen Lebensweise ist. Dies soll durch die Errichtung des islamischen Staates realisiert werden.“ Damit meint sie das sog. „islamische Kalifat“, das es nach dem Sturz des Osmanischen Reiches 1924 wieder zu errichten gelte.

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Aufmerksamkeit zog die Organisation laut bpb auch 2003 auf sich, als

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ein ausführliches Interview mit dem deutschen "Mediensprecher" der Hizb ut-Tahrir, Shaker Assem, in der NPD-Zeitschrift "Deutsche Stimme" erschien. Mitglieder von NPD und Hizb ut-Tahrir besuchten zu diesem Zeitpunkt gegenseitig ihre Veranstaltungen.

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Bereits im Oktober 2002 fand in Berlin eine Veranstaltung an der Technischen Universität (TU) statt.  „Der Irak – ein neuer Krieg und die Folgen“ lautete laut taz das Motto. Rund 400 Menschen hatten sich demnach eingefunden. Frauen und Männer – „durch die Sitzordnung voneinander getrennt“. Darunter auch „der NPD-Vorsitzende Udo Voigt und Rechtsanwalt Horst Mahler“.

Wie das Blatt berichtete

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gab sich Shaker in der TU-Mensa nicht offen antisemitisch, doch die Homepage der Organisation verkündet, dass „die Juden ein Volk der Lügen, des Verrats“ sind, ein Volk, „das Abkommen und Verträge bricht. […] Sie töten Propheten und Unschuldige und sind die größten Feinde der Gläubigen. Allah untersagt uns, sie zu Freunden zu nehmen.“ Das Magazin Explizit wirft Israel zudem vor, eine systematische „ethnische Säuberung“ unter den Palästinensern durchgeführt zu haben. In einer am Sonntag kostenlos, ausschließlich auf Türkisch verteilten Broschüre werden Muslime außerdem gewarnt, dass das westliche demokratische System keinen Platz in der Ordnung des Islams habe. Eine Beteiligung von Muslimen daran sei somit haram, Sünde.

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Im Januar 2003 erließ der damalige Innenminister Otto Schily (SPD) ein Betätigungsverbot gegen die Hut. Das wurde 2006 vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt und 2012 vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EuGM).

2014 wurde „Generation Islam“ gegründet und 2015 „Realität Islam“. Erstere agiert vorwiegend im Hamburger, bzw. norddeutschen Raum, Letzere im Hessischen; vorwiegend in sozialen Netzwerken, aber auch immer wieder mit Street-Da´awa, Missionierung auf der Straße durch Verteilen von Flyern und anderen islamischen Materialien.

Als 2018 in Nordrhein-Westfalen über ein Hijabverbot an Schulen für Mädchen unter 14 Jahren angedacht wurde, initiierte „Realität Islam“ eine Petition, die von mehr als 165.000 Menschen unterschrieben wurde.

2020 organisierte „Generation Islam“ in Hamburg eine Solidaritäts-Demonstration mit den Uiguren, die von der chinesischen Staatsführung unterdrückt werden.

Im November 2020 führte „Muslim Interaktiv“ in Berlin eine Protestkundgebung durch unter dem Motto “Rassismus und Diskriminierung in Österreich”, anlässlich des Staatsbesuches des damaligen österreichischen Bundeskanzlers Sebastian Kurz. Dem österreichischen Express zufolge verglich

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in einem YouTube-Video … die Gruppierung die von Bundeskanzler Sebastian Kurz geplante Einführung des Tatbestandes “Politischer Islam” mit dem Agieren Nazi-Deutschlands.

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Am 28. Mai 2021 fand die eingangs erwähnte, ebenfalls von „Muslim Interaktiv“ organisierte Anti-Israel-Demo statt. Eine Woche später tauchten in Bremen Flyer auf, die Bezug darauf nahmen.

Starker Mitgliederzuwachs trotz Verbot

2019 listete der Verfassungsschutzbericht des Bundes 430 Anhänger der zu dem Zeitpunkt mittlerweile mehr als 15 Jahre verbotenen Organisation. 2021 waren es bereits 700, davon 340 in Hamburg, 2022 bundesweit 750, davon 360 Aktivisten – also fast jeder zweite – in Hamburg.

Immer öfter greifen die Aktivisten ins öffentliche Geschehen ein. So reagierte „Generation Islam“ auf angekündigte Veranstaltungen des AStA der Uni Hamburg zu den Themen „Frauenrechte im Iran” und „Die islamischen Dachverbände und ihr Verhältnis zur Demokratie” im November 2022 auf Twitter: „Linke wollen unsere islamische Überzeugung auslöschen.”

Auf der Facebookseite von „Muslim Interaktiv“ ist zu lesen, dass Aktivisten kürzlich eine Veranstaltung von Hamed Abdel-Samad besuchten, und „nachdem wir uns über eine Stunde seine verzerrte Märchenwelt, welche er als Geschichte des Islams darstellt, anhören mussten, haben wir uns zu Wort gemeldet und ihn mit seinen eigenen Zitaten bloßgestellt.“

Legal, illegal – nicht egal

Die HuT, bzw. die drei genannten Gruppierungen GI, RI und „Muslim Interaktiv“, werden von den Sicherheitsbehörden dem salafistischen Spektrum zugerechnet. Grundsätzlich unterscheiden Politik und Behörden zwischen individuellem Glauben und einer politischen Ideologie, die als Islamismus bezeichnet wird und deren Zweck es ist, die bestehende Gesellschaftsordnung nach islamischen Vorstellungen umzugestalten. Dabei wird zwischen dem sogenannten legalistischen Islamismus und dem Salafismus unterschieden. Der legalistische Islamismus setzt auf Veränderungen mittels politischer Aktivitäten, sozusagen den Marsch durch die Institutionen. Salafisten wollen den Gottesstaat durch Missionierung, also die Mobilisierung der Gläubigen, erreichen. Daneben gibt es Jihadisten, die auf Gewalt zur Erreichung ihrer Ziele setzen.

Doch so leicht lässt sich das eine nicht vom anderen unterscheiden und die Grenzen sind mitunter fließend. So können durchaus auch Organisationen, die dem legalistischen Spektrum zugerechnet werden, jihadistische Gruppierungen im Ausland oder Terrororganisationen wie die HAMAS unterstützen.

Wer wirklich seinen Glauben gemäß den fünf Säulen des Islams leben will, wird in unserer Arbeitsgesellschaft schnell an seine Grenzen stoßen. Mehrere Gebete am Tag, in der Praxis Turnübungen gen Mekka, lassen sich schwer in den Arbeitsalltag integrieren, zumal das Mittagsgebet am Freitag von den Männern in der Moschee verrichtet werden muss. 30 Tage am Stück soll ein gesunder erwachsener Muslim fasten. Das bedeutet, vor Sonnenuntergang nicht essen und auch nicht trinken. Am Abend dann schweres Essen und vor dem Morgengrauen das erste Gebet und der letzte Bissen und der letzte Schluck Wasser oder Tee bis zum Abend. Diese Praktiken müssen zwangsläufig zu Konflikten – und seien es innere – und Ansprüchen hinsichtlich der Umsetzung führen.

Hinzu kommen völlig unterschiedliche Moralvorstellung, ein komplett anderes Verständnis der Rolle der Frauen, Ablehnung von Homosexualität sowie die göttliche Ordnung als einzig akzeptiertes Werte-, Normen- und Rechtssystem.

So brechen auch im Zusammenleben mit der „friedlichen Mehrheit“ der Muslime Konflikte auf, z.B. bezüglich des Schwimmunterrichts oder der Teilnahme von Mädchen an Klassenreisen. Zumal Fundamentalismus immer mehr zum Mainstream wird, was u.a. durch die ständig wachsende Zahl von Hijabträgerinnen im Stadt – die zudem immer jünger werden – sichtbar wird.

28.260 Islamisten gibt es laut Verfassungsschutz in Deutschland, 11.900 davon Salafisten plus 11.000 türkische Rechtsextremisten, davon 1.200 Mitglieder von ATIB, einer Abspaltung der Grauen Wölfe, die auch dem islamistischen Lager angehören. Also ca. 30.000 Menschen, von denen bekannt ist, dass sie – auf welchem Wege auch immer – diese Gesellschaft zu einer islamischen Theokratie umbauen möchten. 55.000 Follower eines einzigen YouTube-Kanals sind ein Beleg dafür, dass die Zahl der Sympathisanten dieser Ideologie sehr viel höher ist. Auch wenn nicht alle so offensiv vorgehen wie „Muslim Interaktiv“ kürzlich in Hamburg: Diese Ideologie, ihre Aktivisten und Sympathisanten sind eine Gefahr für das friedliche Zusammenleben; grundsätzlich, nicht nur für Jüdinnen und Juden.