Würzburg: Fünf Minuten des Horrors

 

Unser Mitgefühl gilt den Toten und Verletzten sowie ihren Angehörigen, unser Respekt gebührt jenen, die sich dem Täter mutig in den Weg stellten, selbst Opfer wurden und/oder (noch) Schlimmeres verhinderten.

Text: Birgit Gärtner

Update: Was bislang über den Anschlag – vorwiegend auf Frauen – in der Würzburger Innenstadt am 25. Juni 2021 bekannt ist

Update 29.06.2021

Gestern schrieb ich, dass ich die Informationen nach bestem Wissen und Gewissen zusammengetragen habe, vor allem aufgrund einer Pressekonferenz der Polizei Würzburg am vergangenen Samstag. Das stimmt auch. Anhand von Presseberichten hat sich das Bild unterdessen verdichtet, deshalb aktualisiere ich den Text entsprechend. Die Änderungen werden als solche farblich gekennzeichnet. 

Zum Teil decken sich die aktuellen Informationen zu den getöteten Frauen nicht mit denen von der Pressekonferenz. Damit will ich nicht sagen, dass dort Unwahrheiten verbreitet wurden, sondern unterdessen ist einfach mehr bekannt, als zu dem Zeitpunkt der Einsatzleiter der Horrornacht wenige Stunden nach der Tat wusste/wissen konnte. Auf der Pressekonferenz wurde der Eindruck vermittelt, dass davon auszugehen sei, dass eine der drei getöteten Frauen Verkäuferin bei Woolworth gewesen sei. Das stimmt nicht, wie inzwischen bekannt ist, alle drei waren dort Kundinnen.

Bild hat sich die Mühe gemacht, die Namen der getöteten Frauen zu recherchieren: Johanna H. (82), Christiane H. (49) und Steffi W. (24), keine von ihnen war Verkäuferin bei Woolworth, sondern sie waren Kundinnen in dem Kaufhaus. Weiterhin ist bekannt, dass die 11jährige Tochter von Christiane H., Akines, die 39jährige Stefanie S. sowie die Rentnerin Ingrid L. schwer, z. T. lebensgefährlich verletzt wurden. Alle sind inzwischen außer Lebensgefahr. Die Namen der weiteren Opfer sind mir bislang nicht bekannt.

Bevor Ihr Euch künstlich aufregt, das Problem ist nicht, dass Bild recherchiert hat, sondern dass alle anderen es NICHT getan haben. 

In den frühen Abendstunden des vergangenen Freitags erschütterten Nachrichten über eine furchtbare Gewalttat das Land: Bei einer Messerattacke in der Würzburger Innenstadt stach ein junger Mann auf mehrere Menschen ein, drei von ihnen waren sofort tot, die Zahl der Verletzten variierte in den Medien, manche schrieben, einige Opfer schwebten in Lebensgefahr. Nach und nach stellte sich heraus, dass die meisten Opfer weiblich sind. Inzwischen gibt es – erste – Erkenntnisse über den Mann, das mögliche Motiv, den Tathergang und die Opfer.

Diese habe ich nach bestem Wissen und Gewissen zusammengestellt, größtenteils anhand einer Pressekonferenz der Polizei Würzburg am vergangenen Samstag sowie Pressemitteilungen der Würzburger Polizei und einigen Presseberichten.

Wie Gerhard Kallert, Polizeipräsident Unterfranken, auf besagter Pressekonferenz am vergangenen Samstag schilderte, betrat der Beschuldigte um 17 Uhr ein Geschäft in der Würzburger Innenstadt. TV- und Videoaufnahmen ist zu entnehmen, dass es sich um eine Filiale der US-Handelskette Woolworth handelte. Er fragte eine Verkäuferin: „Wo sind die Messer?“ Diese zeigte ihm, wo er sie findet, er griff sich eines und stach unvermittelt auf die Frau ein. Sie erlag noch im Laden ihren Verletzungen, ebenso zwei weitere Kundinnen des Geschäfts. Er verletzte fünf weitere Personen in dem Geschäft, verließ dieses und stach auf zwei weitere Personen ein, einen männlichen Jugendlichen auf einer Parkbank und eine Rentnerin in oder vor einer nahe gelegenen Sparkasse.

Update: Keine der Frauen, auf die er einstach, war Verkäuferin bei Woolworth. Das ist drei Tage nach der Pressekonferenz klar.

Um 17:04h, so Kallert, sei in der Notrufzentrale ein Anruf eingegangen, zwei Minuten später seien die ersten Einsatzkräfte vor Ort gewesen. Da hatten bereits mutige Passanten und Angestellte der umliegenden Geschäfte den Beschuldigten in eine Seitengasse gedrängt. Einer von ihnen der iranisch-stämmige Kurde Chia Rabiei, Asylbewerber wie der Angreifer.  Ein Polizeibeamter machte den Mann mittels eines gezielten Schusses in den Oberschenkel schließlich handlungs- und fluchtunfähig. Der Mann wurde festgenommen, medizinisch behandelt und in Gewahrsam genommen. Später wurde er einem Haftrichter vorgeführt und in ein bayerisches Untersuchungsgefängnis gebracht.

 Vor allem Frauen wurden Opfer

Insgesamt verging keine Viertelstunde von dem Moment, als der Beschuldigte das Geschäft betrat, bis er von einem Polizeibeamten mittels Einsatz der Schusswaffe gestoppt wurde. In nur etwa 5 Minuten löschte er drei Frauenleben aus, machte ein 11jähriges Mädchen, das miterleben musste, wie er ihre Mutter erstach, zur Halbwaisen, verletzte zwei weitere Frauen so schwer, dass sie in Lebensgefahr schwebten – eine von ihnen bis zum Sonntagnachmittag – drei weitere Personen schwer, darunter ein 16jähriger männlicher Jugendlicher und zwei Personen, eine 26jährige Frau und einen 57jährigen Mann, leicht. Niemand kann sagen, wie viele Opfer es noch gegeben hätte, wenn nicht mutige Männer wie Chia Rabiei eingegriffen hätten. In der Pressekonferenz war nur von Frauen als Opfer die Rede, in einer Pressemitteilung veröffentlichte die Polizei Würzburg am Sonntag genauere Informationen:

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Auch am Sonntag ist die unterfränkische Polizei weiterhin in der Innenstadt von Würzburg präsent. Eine 39-jährige Geschädigte befindet sich nicht mehr in akuter Lebensgefahr.

Dem aktuellen Sachstand nach wurden durch den Messerangriff des 24-jährigen Tatverdächtigen fünf Personen schwer verletzt. Es handelt sich hierbei um drei Frauen im Alter von 39, 52 und 73 Jahren sowie ein 11-jähriges Mädchen und einen 16-jährigen Jugendlichen. Erfreulicherweise steht zwischenzeitlich fest, dass die 39-Jährige derzeit stabil ist und sich nicht mehr in akuter Lebensgefahr befindet.
Bei den beiden Leichtverletzten, welche das Krankenhaus bereits wieder verlassen konnten, handelt es sich um eine 26-jährige Frau und einen 57-jährigen Mann
Bei den Geschädigten, die ihren schweren Verletzungen erlegen sind, handelt es sich um drei Frauen im Alter von 24 (whft. Lkr. Main-Spessart), 49 (whft. Lkr. Würzburg) und 82 Jahren (whft. Würzburg).

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Laut Kurier attackierte der Beschuldigte neben Steffi W. die Lehrerin Christiane H., die Anfang 2021 aus Brasilien nach Würzburg gekommen war, um an einer Schule zu unterrichten und ihre Tochter Akines. Die Mutter „warf sich schützend auf ihr Kind und begrub es unter sich, während mutmaßliche Dschihadist weiter auf beide einstach. Eine 82-jährige Pensionistin zog den Täter daraufhin vom Kind weg und wurde selbst erstochen“, so das Blatt.

Die toten Frauen sind demnach die Lehrerin Christiane H., die Rentnerin Johanna H und Stefanie S. Eine der Schwerverletzten ist die 11jährige Akines H. Eine weitere Schwerverletzte wird in Medien als „Rentnerin Ingrid L.“ bezeichnet sowie Stefanie W., weitere Namen sind uns bislang nicht bekannt.  

Acht Notärztinnen und Notärzte, „viele Rettungssanitäter“ (Joachim Herrmann), das Kriseninterventionsteam der Stadt Würzburg sowie ein 30köpfiges Betreuungsteam der Polizei aus der gesamten Region Unterfranken waren im Einsatz. Eine nahegelegene Gaststätte wurde zum Krisen- und Betreuungszentrum umfunktioniert.

Fünf Minuten des Horrors. Fünf Minuten, nach denen in Würzburg nichts mehr so sein wird, wie es vorher war. Auch wenn schon am Sonntag alles daran gesetzt wurde, die alte Normalität unter dem Credo „Würzburg ist bunt“ wieder herzustellen. Fünf Minuten, die allen Frauen im ganzen Land in die Glieder gefahren sind. Auch wenn viel dafür getan wird, diese Stimmen nicht laut werden zu lassen. Fünf Minuten, die die Mehrheit der Bevölkerung – allen voran Linke, Grüne und wer sich sonst noch für besonders fortschrittlich hält – vor allem deshalb Schweiß auf die Stirn treiben, weil ja möglicherweise Fragen zu dem Tatverdächtigen und dessen Motivation gestellt werden könnten.

Der Beschuldigte

Den Polizei-Terminus „der Beschuldigte“ habe ich übernommen, da es aufgrund der Unschuldsvermutung presserechtlich nicht zulässig ist, vom Täter zu sprechen, bzw. zu schreiben. Von Zweifeln an der Täterschaft des inzwischen inhaftierten Mannes wäre mir indes nichts bekannt.

Der Beschuldigte heißt Abdirahman J., diesen Namen werde ich im Folgenden allerdings nicht verwenden, da ich ihm nicht zu viel Aufmerksamkeit schenken möchte. Der Beschuldigte soll 1975 in Mogadischu geboren worden und am 6. Mai 2015 in das Bundesgebiet eingereist sein. Zunächst war die BAMF-Außenstelle in Chemnitz für ihn zuständig, dann das Landratsamt Erzgebirgskreis, 2016 die Stadtverwaltung Düsseldorf, ab 2019 die Stadtverwaltung Chemnitz und ab dem 4.9.2019 ist die Stadtverwaltung Würzburg zuständig. Auf welchem Wege er nach Deutschland einreiste, ist nicht bekannt. Nur, dass er Asyl beantragte. Dieses Gesuch wurde abgelehnt, er erhielt allerdings „subsidären Schutz“, d.h., Aufenthaltserlaubnis, da ihm im Herkunftsland vermutlich Schaden droht. Das wiederum bedeutet, dass er keine Bleibeperspektive hat, sich aber legal in Deutschland aufhält.

Die Stadtverwaltung Würzburg quartierte ihn in eine Obdachlosenunterkunft ein. Das ist auch in anderen Städten, beispielsweise in Hamburg, üblich, registrierte Asylsuchende und Obdachlose in denselben Unterkünften – räumlich und organisatorisch voneinander getrennt – unterzubringen.

Im Januar 2020 kam es zu zwei verbalen Streitereien mit anderen Bewohnern und Verwaltern, bei denen jeweils ein Messer im Spiel war. In einem Fall waren etwa 20 m Abstand zwischen ihm und seinem Gegenüber und in dem anderen Fall ereignete sich der Streit in der Küche und er griff zu einem Küchenmesser. In beiden Fällen setzte er das Messer jedoch nicht gegen andere Personen ein.

Aufgrund dieser Vorfälle wurde er in eine psychiatrische Einrichtung eingeliefert, in der er etwa 4 Wochen verbrachte. Damals wurde ein psychiatrisches Gutachten in Auftrag gegeben, das bislang noch nicht fertig wurde.

Es ist schwierig, die Situation zu beurteilen, die zu seiner Einweisung führte. Allerdings erscheint es mir seltsam – und auch symptomatisch – dass in solchen Fällen auf Gewaltandrohung und auch -ausbrüche mit Psychiatrie reagiert wird. Gewalttaten, nicht nur von Asylsuchenden, werden gern mit psychischen Dispositionen erklärt. Aber sind Gewaltausbrüche wirklich Ausdruck psychischer Störungen? Das wiederum wirft die Frage auf, auf psychiatrische Einrichtungen der geeignete Aufenthaltsort für Gewalttäter sind? Und es wirft die Frage auf, ob nicht weniger Straftaten damit erklärt als  tatsächlich psychisch Erkrankte stigmatisiert werden?

Wer sich jemals damit beschäftigt hat: Gewalt ist in diesen Einrichtungen Alltag, Polizeieinsätze stehen auf der Tagesordnung. Die Psychiatrie ist keine Lösung dafür. 

Auch ein weiterer Vorfall endete für ihn in der Psychiatrie. Im Juni 2020 oder 2021, auf der Pressekonferenz am vergangenen Samstag wurden beide Daten genannt, hielt er ein Auto an, stellte sich vor das Auto und hinderte den Fahrer am Wegfahren, setzte sich auf den Beifahrersitz, wies den Fahrer an ihn zum „Frauenland“ zu fahren und weigerte sich, wieder auszusteigen. Der Fahrer rief die Polizei und es erfolgte schließlich die Einweisung. Einen Tag später verließ er die Einrichtung jedoch wieder. 

Frauenland ist der Würzburger Stadtteil, in dem sich die psychiatrische Einrichtung befindet, in die er im Januar 2021 eingewiesen wurde. 

Verschiedenen Medienberichten zufolge ist er mehrmals in einem sagen wir derangiertem und auch psychotischem Zustand aufgefallen. Allerdings wurde keiner dieser Vorfälle polizeibekannt und es ist fraglich, ob es sich in allen Fällen um dieselbe Person handelte.

Nachdem seine Adresse bestätigt war, wurde die Unterkunft durchsucht. Insgesamt stellte die Polizei zwei Handys sicher, die nun mittels Dolmetscher ausgewertet werden müssen sowie „Schriftmaterial mit Hassbotschaften“, wie es bei der Pressekonferenz hieß. Bild berichtete schon vor der Pressekonferenz von IS-Materialien, die gefunden worden seien. Das wurde auf der Pressekonferenz ausdrücklich nicht bestätigt. Im „Bild live“- Talk gab der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) laut der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) zu, „bei der Durchsuchung der Unterkunft des 24-Jährigen Somaliers“ sei „einiges gefunden“ worden, „was auf islamistisches Propagandamaterial hinweisen könnte“.

Bestätigt wurde auf der Pressekonferenz, dass der Kaufhausdetektiv ausgesagt habe, dass der Beschuldigte „Allahu Akbar“ gerufen habe.  Diesem wurde Glaubwürdigkeit bescheinigt. Außerdem hätten auch Polizeibeamte sowohl „Allahu Akbar“ als auch „Dschihad“ vernommen.

Gegen den Beschuldigten wurde inzwischen Haftbefehl wegen vollendeten Mordes in drei Fällen, gefährlicher Körperverletzung in sechs Fällen und vorsätzlicher Körperverletzung in einem Fall erlassen.

Die Frage nach dem „Warum?“

Ein Mann tötet vorwiegend Frauen, ruft dabei „Allahu Akbar“ und spricht Polizeibeamten gegenüber von „Dschihad“ und nun geht das große Rätselraten los, warum eigentlich? Echt, jetzt?

Zunächst einmal wird die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass eine psychische Störung Auslöser für die Bluttat war. Die Vorfälle, die jeweils zur Einweisung in die Psychiatrie führten, sollen entsprechend ausgewertet werden.

Die Tatsache, dass er vor allem auf Frauen einstach, soll dahingehend untersucht werden, ob es sich dabei um Zufall oder Absicht handelt. Tatsächlich ist beides möglich, denn mittlerweile ist bekannt, dass es auch zwei männliche Verletzte gibt. Bislang wurde – auch seitens der Polizei – der Eindruck erweckt, bei den Opfern handele es sich ausschließlich um Frauen und in den Medien war von einem 11jährigen Jungen die Rede, der zu Schaden gekommen sei. Dieser „Junge“ ist die 11jährige Akines H.

Spielen wir mal die Möglichkeit durch, es sei Zufall gewesen:

Das erste Opfer ist eine Verkäuferin. In dem Beruf arbeiten mehr Frauen als Männer, so ist nicht auszuschließen, dass er auch auf einen männlichen Verkäufer eingestochen hätte.

Keines der Opfer war Verkäuferin bei Woolworth, die Taten spielten sich den Presseberichten zufolge auch nicht in der Haushaltsabteilung ab, insofern sind die folgenden Überlegungen hinfällig. Trotzdessen lasse ich sie stehen. Der Beschuldigte stach vorwiegend auf Frauen ein und nichts spricht nach dem heutigen (29.06.2021) Stand der Dinge dafür, dass das Zufall war. 

Die Tatspielte sich zunächst in der Haushaltswarenabteilung ab. Auch dort dürften sich vornehmlich Frauen aufhalten, jedenfalls mehr Kundinnen als Kunden. Das Messer führte ihn in die Abteilung, nicht die erwartbare vorwiegend weibliche Kundschaft.

In dem Geschäft kam noch ein 57jähriger Mann zu Schaden. Die Frage ist, ob er gezielt attackiert wurde, dem Beschuldigten eventuell zufällig auf dem Weg nach draußen begegnete oder möglicherweise versuchte, ihn aufzuhalten.

Außerhalb des Geschäftes stach er auf einen männlichen Jugendlichen ein, der auf einer Bank saß und dem er sich von hinten näherte. Da stellt sich die Frage, ob er erkennen konnte, dass es sich um eine männliche Person handelte.

Dann stach er noch brutal auf eine Rentnerin ein, in oder vor einer nahe gelegenen Sparkasse. Auch hier stellt sich die Frage, ob sie die einzige Person dort war, die erste, die er erreichte, oder ob er gezielt die Frau auswählte. Eine Sparkasse ist kein Ort, an dem sich vorwiegend weibliche Kundschaft aufhält.

Werden diese Fragen gestellt?

Was aber, wenn es kein Zufall war, dass er auf vorwiegend auf Frauen einstach? Dann gibt es zwei Möglichkeiten: Er tat dies, weil die Frauen seiner Ansicht nach ihr Leben verwirkt hatten, da westliche Frauen seinen Vorstellungen diametral entgegengesetzt leben. Oder er wollte die Gesellschaft treffen, in seiner Welt eine reine Männergesellschaft, in dem er Frauen attackierte, die in seinen Augen Besitz der Männer sind. Die weiblichen Opfer wären dann sozusagen Kriegsbeute, die männlichen Opfer „Kollateralschäden“. Zu Herkunft und Sozialisation des Beschuldigten habe ich mich bereits ausführlich geäußert.

Wollen Polizei und Staatsanwaltschaft das wirklich so genau wissen? Bislang erwecken sie zumindest den Eindruck, das Liebste sei ihnen, dem Beschuldigten würde eine tiefgreifende psychische Störung attestiert und  er könne wieder in die Psychiatrie eingeliefert werden. Die Staatsanwaltschaft spricht von einer „Amoklage“. Das wäre doch praktisch, ein psychisch gestörter Amokläufer, damit ist im Grunde alles gesagt.

Als „Amoklauf“ gelten wahllose Angriffe auf mehrere Menschen in Tötungsabsicht unter Inkaufnahme des eigenen Todes. Sollte er jedoch nicht zufällig auf Frauen eingestochen haben, ist es kein Amoklauf, sondern Krieg – Krieg gegen Frauen. In jedem Fall bleiben jedoch die Hinweise auf  einen islamistischen Hintergrund des Täters, also auf ein Attentat. Ideologische Verblendung und psychische Erkrankungen schließen sich gegenseitig nicht aus.

Ähnlichkeiten mit anderen Fällen

Dieser Fall ist der dritte, bei dem in einem Kaufhaus ein Asylsuchender eine oder mehrere Personen mit einem Messer attackierte – jeweils mit Todesfolge.

Am 28. Juli 2017 attackierte ein abgelehnter Asylbewerber in einem Edeka-Markt in Hamburg-Barmbek mehrere Menschen mit einem Messer, das er dort aus dem Regal gegriffen hatte. Ein Mann wurde getötet, fünf weitere schwer verletzt. Wie auch in Würzburg bewiesen Passanten und Angestellte aus umliegenden Geschäften und Lokalen, u.a. einem Döner-Imbiss, großen Mut und hielten den Täter in Schach bis die Polizei eintraf. Dem inzwischen rechtskräftig verurteilten Mann, weshalb ich ihn Täter nennen darf, wurde eine psychische Störung attestiert, Hintergründe interessierte nicht mehr. Bis heute gilt diese Tat nicht als Terrorakt, geschweige denn islamischer Terrorakt, obwohl er freimütig bekannte, „so viele Christen wie möglich“ umbringen zu wollen.

Am 27. Dezember 2017 erstach ein afghanischer Asylbewerber im rheinland-pfälzischen Kandel seine 15 jährige Ex-Freundin Mia aus Rache dafür, dass das Mädchen sich von ihm getrennt hatte. Die Tat ereignete sich in einem Drogeriemarkt, das Messer hatte der Täter kurz zuvor in einem Supermarkt gekauft.

Die Region Würzburg erlebte am vergangenen Freitag den zweiten derartigen Anschlag. Fast genau fünf Jahre vorher, am 18. Juli 2016, attackierte ein junger Geflüchteter fünf Menschen in einem Regionalzug mit Axt und Messer. Vier von ihnen wurden schwer verletzt. Bei den Opfern handelte es sich um eine Familie aus Hongkong und eine Passantin, die er außerhalb des Zuges verletzte.

Am 1. Dezember 2020 fuhr ein Mann deutscher Staatsangehörigkeit mit einem Landrover im Zickzackkurs durch die Fußgängerzone in Trier. Dabei machte er förmlich Jagd auf Menschen. Fünf Menschen, darunter ein neuneinhalb Wochen altes Baby, wurden getötet, 24 weitere Personen wurden zum Teil schwer verletzt. Auch in diesem Fall wurde eine mögliche psychische Störung ins Spiel gebracht. Außer dem Baby und dessen Vater kamen drei Frauen ums Leben. Außer uns stellte vermutlich niemand die Frage, ob der Täter – auch dieser ist rechtskräftig verurteilt – gezielt Jagd auf Frauen machte. Das könnte den Zickzackkurs erklären. Der Fall unter „Amokfahrt“ verbucht. Damit ist alles gesagt. Wirklich? 



 

 

 

 

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