Sucharit Bhakdi: Besorgter Wissenschaftler oder Antisemit? - Teil I

 

Der Bhakdi-Prozess

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Text: Juliane Beer und Birgit Gärtner
Fotos: Birgit Gärtner

Am 23. Mai 2023 musste sich Sucharit Bhakdi, Arzt, Immunologe und ehemaliger Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung und der Relativierung des Holocaust vor dem Amtsgericht Plön (Schleswig-Holstein) verantworten. Das Verfahren endete mit einem Freispruch, gegen den die Generalstaatsanwaltschaft Schleswig-Holstein umgehend Rechtsmittel einlegte.

 Wir sind wie seine Anwälte überzeugt, dass Sucharit Bhakdi im April 2021 drastische Folgen der massenhaften Verabreichung der mRNA-Wirkstoffe befürchtete und ihn nicht der Hass auf Juden umtrieb. Seine Sorge galt vorrangig Israel, weil der Pharmakonzern Pfizer – mit Zustimmung der Netanjahu-Regierung – das Land ganz offen als mRNA-Versuchslabor nutzte. Deshalb begrüßen wir den Freispruch. Doch wir vermissen eine selbstkritische Debatte in der maßnahmenkritischen Szene über die semantisch völlig aus dem Ruder gelaufenen Auftritte des Wissenschaftlers – vor allem aber vermissen wir eine kritische Selbstreflektion von Sucharit Bhakdi selbst.

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Die gegen Sucharit Bhakdi erhobenen Vorwürfe

Konkret werden Sucharit Bhakdi Aussagen in einem von dem Sport- und Modefotographen Kai Stuht aufgezeichneten Video-Interview mit dem Titel „"Die Impfung! Die Hölle auf Erden!" vorgeworfen. Das Video wurde anschließend über diverse Kanäle verbreitet. Außerdem weitere Aussagen bei einer Rede auf einer Veranstaltung der Partei „die Basis“ im Bundestagswahlkampf im Sommer 2021 in Kiel. Auch von diesem Auftritt existiert ein Video, das der Öffentlichkeit indes nicht zugänglich ist. Zu Beginn des Prozesses wurden beide Videos in voller Länge vorgeführt.

In dem Video-Interview mit Kai Stuht sagte er wörtlich (ab Minute 25:21):

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Israel! Die Israelis können nicht mehr flüchten. Das Land ist zu.

Das wird hier passieren.

Und ich wurde mal gefragt von Amerikanern, was ich zu Israel zu sagen habe. Für mich, die Israelis, dieses Volk, das ich mehr bewundert habe, als irgendein anderes Volk auf der Welt. Ich war ein Judenbewunderer. Du weißt, ich bin Musikliebhaber, Kunstliebhaber. Die größten Geister waren die Juden. Es tut mir leid, wenn ich das sagen muss. Es tut mir leid, ich bin Buddhist. Ich verehrte sie. Ich bin diesen jüdischen Musikern nachgereist, um eine Unterschrift von ihnen zu bekommen. Isaac Stern, David Ojstrach. Hunderte Kilometer bin ich gereist, um sie zu hören, um eine Unterschrift von ihnen zu bekommen.

Und jetzt machen sie das.

Das Volk, das geflüchtet ist aus diesem Land. Aus diesem Land. Wo das Erzböse war. Und haben ihr Land gefunden. Haben ihr eigenes Land verwandelt in etwas, was noch schlimmer ist als Deutschland war. So unfassbar.

Und dann habe ich den Amerikanern gesagt, das ist das Schlimme an den Juden: Sie lernen. Gut. Es gibt kein Volk, das besser lernt als sie. Aber sie haben das Böse jetzt gelernt und umgesetzt. Und deswegen ist Israel jetzt Living Hell – die lebende Hölle.

Und ich hab den Amerikanern gesagt, und wenn Ihr nicht aufpasst, wird Amerika auch die lebende Hölle. Und ich sag Euch jetzt, Euer Land wird verwandelt in die lebende Hölle, wenn Ihr nicht bald aufsteht.

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Während der inkriminierten Wahlkampfrede brachte Bhakdi laut t-online

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die Zulassung von Covid-19-Impfstoffen mit einem "Endziel" in Verbindung und sprach von einem zweiten Holocaust.

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Gegen Sucharit Bhakdi erstatteten u.a. der Vorsitzende der „WerteInitiative. jüdisch-deutsche Positionen“, Elio Adler, und der Antisemitismusbeauftragte der jüdischen Gemeinde in Berlin, Sigmount Königsberg, Anzeige. Diese wurden zunächst von dem zuständigen Richter abgewiesen, woraufhin beide Beschwerde einlegten. Aufgrund dieser Beschwerde zog die Generalstaatsanwaltschaft Schleswig-Holstein das Verfahren an sich.

Wir teilen bekanntermaßen die Kritik an den Corona-Maßnahmen und der massenhaften Verabreichung der mRNA-Injektionen, doch der Satz:

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[Die Israelis, Anm. B.G.] haben  ihr eigenes Land verwandelt in etwas, was noch schlimmer ist als Deutschland war

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heißt letztlich, die israelische Regierung habe einen generalstabsmäßigen Plan zur Vernichtung der eigenen Bevölkerung ausgearbeitet und Häscher ausgeschickt, um auch den letzten Israeli im hintersten Winkel der Erde aufzuspüren, „heim ins Reich“ zu bringen und zu Tode zu spritzen. Das ist mehr als eine „krasse These“, wie Interviewer Kai Stuht anmerkt - das ist unserer Ansicht nach absolut inakzeptabel.

Das Urteil

Seine Entscheidung, Sucharit Bhakdi freizusprechen, begründete der Vorsitzende Richter Malte Grundmann damit, dass auch andere Lesarten der vom Angeklagten getätigten Aussagen möglich seien, als ihm Antisemitismus zu unterstellen. Die „mildeste“ Interpretation anzunehmen, dazu ist er laut höchstrichterlicher Rechtsprechung angehalten, die dem Grundsatz „in dubio pro reo“ folgt.

Diese „mildeste“ Interpretation wäre jene, die vom Anwaltsteam um Sven Lausen sinngemäß als die einzig denkbare erläutert wurde: Es ging dem Angeklagten nicht darum, den Holocaust zu verharmlosen oder gar gegen Juden aufzuwiegeln, sondern er habe schlimme Konsequenzen der massenhaft verabreichten mRNA-Injektionen befürchtet, die auf einer neuartigen Technik basieren, deren Folgen seiner Ansicht nach verheerend seien. Deshalb habe er nicht „die Juden“, sondern die israelische Regierung adressiert. Kurzum: Sorge, auch um die israelische Bevölkerung, habe ihn umgetrieben, nicht Hass auf Juden. 

Impfquoten (Stand Israel/April 2023, Deutschland und Schleswig-Holstein/Mai 2023)

„Das Böse“ bezeichnet verbrecherisches Handeln einer kritiklosen Ärzteschaft

In dem Video-Interview von Kai Stuht geht es tatsächlich um weit mehr als um Israel, schon gar nicht geht es darum, „die Juden“ zu verunglimpfen, oder gar zum Hass gegen sie aufzustacheln. Zunächst schildert Sucharit Bhakdi seine persönliche Situation als Wissenschaftler, bzw. seine und die seiner Ehefrau, die Biochemikerin Professorin Karina Reiß. Er spricht während des gesamten Interviews durchgängig von „wir“ und weist darauf hin, dass es sich um gemeinsame Forschungsarbeit und Erfahrungen des Ehepaares handele.

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Denn entweder – ich rede jetzt von meinen Kolleginnen und Kollegen – sind sie so ignorant und dumm, dass sie das tun, weil sie überzeugt sind, oder sie sind nicht ignorant und dumm und tun das absichtlich. Und beides ist schlecht.

„Schlecht“. Es gibt das englische Wort „evil“, das Böse.

Das, was sie machen ist unethisch, verwerflich, verbrecherisch. Dieses fremde Gen in den Körper eines Menschen tun.

Weil, diese Impfung wird durchgeführt von Menschen, von Ärzten und Ärztinnen, die meisten haben keine Ahnung. Sie wissen überhaupt nicht, was sie tun.

Sie haben das böse Karma getan. Karma ist: Man tut etwas, man erntet, was man sät. Und die Ärzteschaft wird ernten, was sie sät. Und die ist so schlecht. Es ist das Böse.

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Von „sie“, also die Juden, „haben das Böse gelernt jetzt“ bis „sie sind das Böse“, ist es ein schmaler Grat. Jedoch ist „das Böse“ in seiner Lesart keine Charaktereigenschaft, schon gar nicht eine spezielle von Juden, sondern eine Ärzteschaft, die massenhaft einen experimentellen Wirkstoff verabreicht. 

Ist möglicherweise ein Bild von Text „Großer DANK an Prof. Dr. Sucharit Bhakdi kritischer Mikrobiologe, Bakteriologe, Infektionsepidemiologe, Virologe, Immunologe,... mit Verdienstorden von Rheinland-Pfalz und zahlreichen Preisen.“

Der „Nürnberger Kodex“

Später betont er:

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Es gibt keine Immunität auf der Welt, die einen schützt, wenn man den Nürnberger Kodex verletzt und Menschenversuche durchführt, ohne dass die Menschen informiert werden, was passieren könnte.

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Dieser Bezug auf den „Nürnberger Kodex“ erklärt, weshalb ihn die Situation in Israel so umtreibt. Dort wurde nicht nur der experimentelle Wirkstoff massenhaft „in den Körper eines Menschen“ getan, sondern die israelische Regierung schloss Anfang Januar 2021 ein Abkommen mit dem US-Pharmakonzern Pfizer, ein „Memorandum of Understanding“, in dem festgelegt wurde, dass Israel bevorzugt mit dem Pfizer/BioNTech-Produkt „Comirnaty“ beliefert wird und dafür im Gegenzug dem Konzern die Gesundheitsdaten der Israelis zur Verfügung stellt (dazu in Teil II mehr). Israel war also ganz offiziell Testlabor von Pfizer/BionTech und die Israelis waren die Probandinnen und Probanden.   

Der „Nürnberger Kodex“ besagt, dass bei medizinischen Versuchen an Menschen

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die freiwillige Zustimmung der Versuchsperson unbedingt erforderlich (ist). Das heißt, dass die betreffende Person im juristischen Sinne fähig sein muss, ihre Einwilligung zu geben; dass sie in der Lage sein muss, unbeeinflusst durch Gewalt, Betrug, List, Nötigung, Übervorteilung oder irgendeine andere Form der Überredung oder des Zwanges, von ihrem Urteilsvermögen Gebrauch zu machen; dass sie das betreffende Gebiet in seinen Einzelheiten hinreichend kennen und verstehen muss, um eine verständige und informierte Entscheidung treffen zu können.

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Die israelische Bevölkerung wurde zu dem Zeitpunkt nicht gezwungen, teilzunehmen an diesem „Weltexperiment“, wie es der deutsche Epidemiologe Alexander Kekulé in dem MDR-Podcast „Kekulés Corona-Kompass“ vom 25. Mai 2021 nannte. Aber sie wurde massiv unter Druck gesetzt und  ließ sich letztlich massenhaft impfen. Dabei hätte sie selbst beim allerbesten Willen niemand über die damit verbundenen Risiken aufklären können – denn der mRNA-Wirkstoff befand sich noch in der Testphase, dessen Wirkung – genaugenommen die Unwirksamkeit sowie die vielen schweren Nebenwirkungen bis hin zu Todesfällen – zeigten sich erst während der Impfkampagne, sprich der Testphase.

Anlass für den „Nürnberger Kodex“ waren die in der NS-Zeit von Ärzten begangenen brutalen medizinischen  Menschenversuche, nicht nur, aber auch an vielen Jüdinnen und Juden, und die durchgeführten Zwangssterilisationen. Ziel des „Nürnberger Kodex“ war es, medizinische Menschenversuche für die Zukunft zu unterbinden.

Nun bot ausgerechnet die damalige israelische Regierung das Land als Testlabor und die eigene Bevölkerung als Versuchskaninchen für die Pharmaindustrie an. Ausgerechnet Israel – in keinem anderen Land leben anteilig mehr Holocaust-Überlebende und deren Nachfahren.

Wieso ausgerechnet Israel? Diese Frage muss gestellt werden dürfen.

Diese Frage gilt natürlich genauso im Land der Täter, denn schließlich waren es deutsche Ärzte, die diese brutalen Menschenversuche durchführten. Jedoch war Deutschland im Frühjahr 2021 vergleichsweise weniger betroffen als Israel, denn der mRNA-Wirkstoff war hierzulande noch knapp und konnte nur an bestimmte Bevölkerungsgruppen verabreicht werden. Welcher Druck auch in Deutschland noch auf jene ausgeübt werden würde, die sich dem „Weltexperiment" verweigern, konnte Sucharit Bhakdi zum Zeitpunkt des Interviews noch nicht ahnen. 

April bis Juni 2021:

Unter 100 Neuinfektionen pro Tag in Israel.

50% der Israelis sind vollständig (2 x) geimpft.

Offizielle Stellen berichten von 45 Verdachtsfällen, Todesfälle im zeitlichen Zusammenhang zur Impfung.

Maßnahmekritiker sprechen von mehr als 300 Fällen. Es lässt sich nicht ermitteln, was nun stimmt. Aber selbst die 45 Verdachtsfälle würden übertragen auf Deutschland 414 Todesfälle im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung bedeuten - deren Zahl liegt laut PEI im Ende April 2021 bei 527.

Holocaust-Überlebende solidarisieren sich mit Sucharit Bhakdi

In der Wahlkampfrede im Sommer 2021 in Kiel bezog er sich auf die Initiative „We for Humanity“, in der sich Holocaust-Überlebende und ihre Angehörigen zusammengeschlossen haben. Sie übergaben der Europäischen Zulassungsbehörde für Arzneimittel (EMA) am 25. August 2021 einen offenen Brief. Aber sprechen auch sie von einem „Endziel“ und einem „zweiten Holocaust“?

Tatsächlich ist der offene Brief mit „Stop Holocaust“ überschrieben und gleich zu Beginn wird „ein weiterer Holocaust größeren Ausmaßes“ erwähnt, der sich „vor unseren Augen“ abspiele. Von einem „Endziel“ ist in dem Brief indes nicht die Rede. 

Die Initiative solidarisierte sich ausdrücklich mit einem weiteren offenen Brief mit Sucharit Bhakdi:

Eine der Unterzeichnerinnen beschreibt ihre Motivation folgendermaßen:

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Meine Großeltern und meine Mutter waren aufgrund ihrer jüdischen Herkunft in Bergen-Belsen, ich bin zwar nicht religiös, dieses Erbe begleitet mich aber seit meiner Jugend und ich reagiere bei Antisemitismus in jeder Form sehr empfindlich. Wer Prof. Bhakdi aufgrund einer unglücklichen Formulierung als Antisemiten bezeichnet, hatte noch nie mit Antisemiten zu tun. Man macht das wohl mit dem Ziel, diesen menschlichen und emotional engagierten Wissenschaftler auf der persönlichen Ebene zu diskreditieren. …

Andrea Drescher

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Wenn wir uns anschauen, wie akribisch die Generalstaatsanwaltschaft Schleswig-Holstein Sucharit Bhakdi als vermeintlichen Antisemiten verfolgt, und zur Kenntnis nehmen müssen, dass andere unverhohlen „Tod den Juden“ skandieren können, ohne dass sie – zumindest soweit uns bekannt – derartig rigoros verfolgt würden, kommen wir nicht umhin, Andrea Drescher zuzustimmen. 


 

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